Liebe Lesenden,
Sommerzeit ist Urlaubszeit, Grund genug Euch mal ein bisschen was zu Eurem Urlaubsanspruch und möglichem verfall von Urlaubstagen zu schreiben.
Gemäß dem Bundesurlaubsgesetz haben alle Arbeitnehmer in Deutschland mit einer 5‑Tage-Woche einen gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch von 20 Tagen pro Jahr. Es ist jedoch üblich, dass in Tarifverträgen höhere Urlaubsansprüche vereinbart werden. Eine Analyse aus dem Jahr 2018 zeigt, dass es branchenübergreifend Unterschiede von bis zu sechs Urlaubstagen gibt, unabhängig von der Tarifbindung des Unternehmens.
In den meisten Wirtschaftszweigen hatten Vollzeitbeschäftigte im Jahr 2018 einen Urlaubsanspruch von mindestens 28 Tagen. Die Branchen mit den höchsten Urlaubsansprüchen waren Energie- und Wasserversorgung, Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, Öffentliche Verwaltung sowie Erziehung und Unterricht, wobei ein durchschnittlicher Vollzeitbeschäftigter dort etwa 30 Urlaubstage hatte. Hingegen hatten Beschäftigte in der Land- und Forstwirtschaft durchschnittlich 24 Tage Urlaub, während im Gastgewerbe 25 Tage üblich waren. Es sei darauf hingewiesen, dass Sonderurlaube in dieser Analyse nicht berücksichtigt wurden.
Wann verfallen Urlaubstage?
Am 20. Dezember 2022 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass gesetzliche Urlaubsansprüche eines Angestellten grundsätzlich nicht automatisch verfallen dürfen. Vorangegangen ist ein EuGH-Urteil, die Entscheidung wurde anschließend durch das BAG bestätigt.
Können Urlaubstage dennoch verfallen?
Da das Urteil den gesetzlichen Urlaubsanspruch betrifft, sind wahrscheinlich zusätzliche Urlaubstage, die über den gesetzlichen Anspruch hinaus gewährt werden, davon ausgenommen. Für diese zusätzlichen Tage gelten in der Regel individuelle vertragliche Vereinbarungen, die es ermöglichen, dass sie automatisch verfallen.
Um den gesetzlichen Urlaubsanspruch zu gewährleisten, empfehlen Anwaltskanzleien, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeiter zu Beginn des Geschäftsjahres schriftlich, beispielsweise per E‑Mail, informieren. Diese Mitteilung sollte enthalten, wie viele Urlaubstage dem Mitarbeiter in welchem Zeitraum zustehen, auf die Fristen hinweisen und ihn auffordern, seinen Jahresurlaub rechtzeitig zu beantragen. Außerdem sollten die Mitarbeiter darauf hingewiesen werden, dass ungenutzter Resturlaub verfallen kann. Allgemeine Hinweise im Arbeitsvertrag, in Merkblättern, in Betriebsvereinbarungen, an Schwarzen Brettern oder in Gehaltsabrechnungen könnten im Hinblick auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch angefochten werden.
Und was passiert, wenn ich im Urlaub krank werde?
Arbeitsunfähigkeit und Urlaub schließen sich grundsätzlich gegenseitig aus. Erkrankt ein Arbeitnehmender im Urlaub und wird arbeitsunfähig, zählen diese Tage nach § 9 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) nicht zu den Urlaubstagen. Stattdessen gilt die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Dafür ist es aber nötig, dass die oder der Arbeitnehmende die Arbeitsunfähigkeit per ärztlicher Bescheinigung nachweist. Verbringt sie ihren oder er seinen Urlaub nicht zuhause, muss sie oder er sich am Urlaubsort ein Attest einer Ärztin oder eines Arztes besorgen. Außerdem muss sie oder er den Arbeitgeber so schnell wie möglich darüber informieren, dass sie oder er arbeitsunfähig erkrankt ist, wie lange die Erkrankung voraussichtlich dauern wird und wo sie oder er sich gerade aufhält. So schnell wie möglich heißt per Telefon oder E‑Mail. Die Kosten dafür trägt die oder der Arbeitnehmende. Kehrt die Erkrankte bzw. der Erkrankte nach Hause zurück, muss sie bzw. er auch dies schnellstmöglich dem Arbeitgeber und der Krankenkasse melden.
Euer
Andreas Galatas
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