thyssenkrupp Konzernumbau: Auswirkungen auf die Mitbestimmung

thyssenkrupp Konzernumbau: Auswirkungen auf die Mitbestimmung

,

Der thys­sen­krupp Kon­zern befin­det sich in einem tief­grei­fen­den Trans­for­ma­ti­ons­pro­zess. Ziel ist die Neu­auf­stel­lung des tra­di­ti­ons­rei­chen Indus­trie­kon­zerns, um auf ver­än­der­te Markt­be­din­gun­gen und wirt­schaft­li­che Her­aus­for­de­run­gen zu reagie­ren. Die­ser Umbau umfasst die mög­li­che Ver­selbst­stän­di­gung oder Teil­ver­käu­fe von Geschäfts­be­rei­chen, ins­be­son­de­re der Stahl­spar­te. Solch weit­rei­chen­de struk­tu­rel­le Ver­än­de­run­gen wer­fen unwei­ger­lich Fra­gen nach den Fol­gen für die eta­blier­te Unter­neh­mens­kul­tur und ins­be­son­de­re die Arbeit­neh­mer­mit­be­stim­mung auf. Wie wirkt sich der radi­ka­le Kon­zern­um­bau kon­kret auf die Rech­te, die Ein­fluss­mög­lich­kei­ten und die Gre­mi­en der Mit­be­stim­mung bei thys­sen­krupp aus und wel­che Her­aus­for­de­run­gen erge­ben sich dar­aus für Arbeit­neh­mer­ver­tre­ter und Gewerk­schaf­ten?

Der thyssenkrupp Konzernumbau: Dimensionen und Ziele

Der aktu­el­le Kon­zern­um­bau bei thys­sen­krupp ist eine direk­te Reak­ti­on auf ein kom­ple­xes Zusam­men­spiel glo­ba­ler Markt­kräf­te und haus­ge­mach­ter Her­aus­for­de­run­gen. Über vie­le Jah­re hin­weg litt der diver­si­fi­zier­te Indus­trie­kon­zern unter ope­ra­ti­ver Inef­fi­zi­enz, einem erheb­li­chen Schul­den­berg und Schwie­rig­kei­ten, sei­ne unter­schied­li­chen Geschäfts­be­rei­che stra­te­gisch scharf zu posi­tio­nie­ren. Ver­schärft wur­de die Situa­ti­on durch vola­ti­le Roh­stoff­prei­se, inten­si­ven Wett­be­werb, ins­be­son­de­re aus Asi­en, und den drin­gen­den Bedarf an mas­si­ven Inves­ti­tio­nen in neue Tech­no­lo­gien, wie z.B. die Dekar­bo­ni­sie­rung der Stahl­pro­duk­ti­on. Der Vor­stand unter der Lei­tung von Miguel López ver­folgt das ambi­tio­nier­te Ziel, thys­sen­krupp grund­le­gend zu trans­for­mie­ren, um das Unter­neh­men zukunfts­fä­hig, agi­ler und letzt­lich pro­fi­ta­bler zu gestal­ten.

Die Stra­te­gie der Restruk­tu­rie­rung basiert auf zwei Haupt­pfei­lern: Einer­seits die Fokus­sie­rung auf jene Berei­che, die als Kern­kom­pe­ten­zen oder Zukunfts­märk­te iden­ti­fi­ziert wur­den, ande­rer­seits die Ver­selbst­stän­di­gung oder der Ver­kauf von Ein­hei­ten, die nicht mehr stra­te­gisch pas­sen oder hohe Kapi­tal­an­for­de­run­gen haben. Die geplan­te Ver­selbst­stän­di­gung oder ein Teil­ver­kauf der Stahl­spar­te (thys­sen­krupp Steel Euro­pe) ist dabei das pro­mi­nen­tes­te Bei­spiel und hat weit­rei­chen­de his­to­ri­sche und wirt­schaft­li­che Impli­ka­tio­nen. Aber auch ande­re Geschäfts­be­rei­che wur­den bereits ver­äu­ßert (wie Tei­le des Auto­mo­ti­ve-Geschäfts) oder ste­hen zur Dis­po­si­ti­on. Zukunfts­fel­der wie Mari­ne Sys­tems und Decar­bon Tech­no­lo­gies sol­len hin­ge­gen gestärkt, stra­te­gi­sche Part­ner­schaf­ten gesucht oder ein Bör­sen­gang ein­zel­ner Tei­le geprüft wer­den. Der Umbau ist somit ein Pro­zess, der die gesam­te Struk­tur des Kon­zerns fun­da­men­ta­le ver­än­dert und eine Trans­for­ma­ti­on von einem brei­ten Indus­trie­kon­glo­me­rat hin zu fokus­sier­te­ren Ein­hei­ten bedeu­tet. Die dahin­ter­ste­hen­den Moti­ve sind klar: Stei­ge­rung der Effi­zi­enz, Kapi­tal­be­schaf­fung für not­wen­di­ge Inves­ti­tio­nen und eine fle­xi­ble­re Struk­tur, um auf Markt­ver­än­de­run­gen schnel­ler reagie­ren zu kön­nen. Der Zeit­rah­men für die­sen „gigan­ti­schen Kon­zern­um­bau“ (https://www.tichyseinblick.de/wirtschaft/thyssenkrupp-vor-zerschlagung-gigantischer-konzernumbau/) ist ambi­tio­niert und erstreckt sich über die nächs­ten Jah­re.

Die Mitbestimmung bei thyssenkrupp: Ausgangslage und rechtlicher Rahmen

Die Arbeit­neh­mer­mit­be­stim­mung hat bei thys­sen­krupp eine lan­ge und tra­di­ti­ons­rei­che Geschich­te. Als Urge­stein der deut­schen Mon­tan­in­dus­trie war der Kon­zern seit jeher ein Mus­ter­bei­spiel für eine star­ke Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung, die maß­geb­lich von der Indus­trie­ge­werk­schaft IG Metall geprägt wur­de. Die Struk­tur der Mit­be­stim­mung ruht auf zwei Säu­len: der betrieb­li­chen und der unter­neh­me­ri­schen Mit­be­stim­mung.

Die betrieb­li­che Mit­be­stim­mung ist pri­mär im Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz (BetrVG) gere­gelt. Auf die­ser Ebe­ne üben die Betriebs­rä­te an den ein­zel­nen Stand­or­ten und die Gesamt­be­triebs­rä­te ihre Rech­te aus. Sie haben weit­rei­chen­de Informations‑, Anhörungs‑, Bera­tungs- und teil­wei­se Zustim­mungs­rech­te bei per­so­nel­len, sozia­len und wirt­schaft­li­chen Ange­le­gen­hei­ten, wie z.B. Ein­stel­lun­gen, Ent­las­sun­gen, Arbeits­zei­ten, Umstruk­tu­rie­run­gen oder Sozi­al­plä­nen (§§ 87 ff., 111 ff. BetrVG). Bei einem gro­ßen Kon­zern wie thys­sen­krupp spie­len auch Kon­zern­be­triebs­rä­te eine wich­ti­ge Rol­le, um unter­neh­mens­über­grei­fen­de The­men zu gestal­ten.

Die unter­neh­me­ri­sche Mit­be­stim­mung fin­det auf Ebe­ne der Unter­neh­mens­füh­rung statt, ins­be­son­de­re im Auf­sichts­rat. Für gro­ße Akti­en­ge­sell­schaf­ten wie thys­sen­krupp, die in der Regel dem Mit­be­stim­mungs­ge­setz von 1976 unter­lie­gen, besteht der Auf­sichts­rat pari­tä­tisch aus Ver­tre­tern der Anteils­eig­ner und der Arbeit­neh­mer. Bei thys­sen­krupp, das lan­ge Zeit unter das Mon­tan-Mit­be­stim­mungs­ge­setz fiel (was eine noch stär­ke­re Arbeit­neh­mer­be­tei­li­gung vor­sieht), war die Tra­di­ti­on der pari­tä­ti­schen Beset­zung sogar noch tie­fer ver­wur­zelt. Die Arbeit­neh­mer­ver­tre­ter im Auf­sichts­rat, dar­un­ter auch Ver­tre­ter der IG Metall, haben das Recht, die Unter­neh­mens­stra­te­gie und wich­ti­ge Ent­schei­dun­gen mit­zu­ge­stal­ten. Die­ser recht­li­che Rah­men bil­det die Basis für den Ein­fluss der Arbeit­neh­mer auf die Geschi­cke des Kon­zerns und stellt einen wich­ti­gen Fak­tor für den sozia­len Frie­den im Unter­neh­men dar.

Konkrete Auswirkungen des Umbaus auf betriebliche und unternehmerische Mitbestimmung

Der tief­grei­fen­de Kon­zern­um­bau bei thys­sen­krupp, der auf eine höhe­re Effi­zi­enz und eine Fokus­sie­rung auf Kern­ge­schäf­te abzielt, hat signi­fi­kan­te Aus­wir­kun­gen auf die eta­blier­ten Struk­tu­ren und Prak­ti­ken der Arbeit­neh­mer­mit­be­stim­mung. Die geplan­ten oder bereits umge­setz­ten Maß­nah­men wie die Aus­glie­de­rung von Geschäfts­ein­hei­ten, Stand­ort­schlie­ßun­gen, signi­fi­kan­te Stel­len­ab­bau­pro­gram­me und die Suche nach neu­en Part­ner­schaf­ten oder Eigen­tü­mern tan­gie­ren das Herz­stück der betrieb­li­chen und unter­neh­me­ri­schen Mit­be­stim­mung. Auf betrieb­li­cher Ebe­ne sehen sich die Betriebs­rä­te mit einer Viel­zahl kom­ple­xer Her­aus­for­de­run­gen kon­fron­tiert. Jede geplan­te Ver­än­de­rung, sei es die Schlie­ßung eines Stand­orts oder der Abbau von Arbeits­plät­zen, erfor­dert die Betei­li­gung der Betriebs­rä­te gemäß dem Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz (BetrVG). Dies umfasst Informations‑, Bera­tungs- und teil­wei­se Zustim­mungs­rech­te, ins­be­son­de­re bei per­so­nel­len Maß­nah­men wie Ein­stel­lun­gen, Ver­set­zun­gen und Kün­di­gun­gen (§ 99, § 102 BetrVG), sowie bei Betriebs­än­de­run­gen (§ 111 BetrVG). Die Ver­hand­lung von Inter­es­sen­aus­glei­chen und Sozi­al­plä­nen wird zur zen­tra­len Auf­ga­be, um die Fol­gen für die betrof­fe­nen Beschäf­tig­ten abzu­mil­dern.

Die schie­re Dimen­si­on des Umbaus führt jedoch zu einer erhöh­ten Belas­tung der Mit­be­stim­mungs­gre­mi­en und kann als „Ein­schnitt“ in die bis­he­ri­ge, oft auf Sta­bi­li­tät aus­ge­leg­te Mit­be­stim­mungs­pra­xis emp­fun­den wer­den. Kri­ti­sche Stim­men beob­ach­ten, dass unter dem Druck schnel­ler Ver­än­de­run­gen die umfas­sen­de und sorg­fäl­ti­ge Aus­übung der Mit­be­stim­mungs­rech­te erschwert wird. Ins­be­son­de­re bei geplan­ten Car­ve-outs oder Teil­ver­käu­fen stel­len sich kom­ple­xe recht­li­che Fra­gen bezüg­lich des Über­gangs von Arbeits­ver­hält­nis­sen (§ 613a BGB) und der Fort­gel­tung von Betriebs­ver­ein­ba­run­gen und Tarif­ver­trä­gen. Die unter­neh­me­ri­sche Mit­be­stim­mung im Auf­sichts­rat ist eben­falls direkt betrof­fen. Die stra­te­gi­schen Ent­schei­dun­gen über die Zukunft von Geschäfts­be­rei­chen wer­den hier getrof­fen, wobei die Arbeit­neh­mer­ver­tre­ter im Auf­sichts­rat eine wich­ti­ge Kon­troll- und Bera­tungs­funk­ti­on wahr­neh­men. Ihre Ein­fluss­mög­lich­kei­ten hän­gen jedoch stark von der kon­kre­ten Aus­ge­stal­tung der neu­en Struk­tu­ren ab. Eine Zer­schla­gung des Kon­zerns oder die Bil­dung neu­er, eigen­stän­di­ger Gesell­schaf­ten könn­te die Kon­zern­mit­be­stim­mung auf­wei­chen und die bis­he­ri­ge, über alle Geschäfts­be­rei­che rei­chen­de Ein­fluss­nah­me frag­men­tie­ren. Die Quel­le Thys­sen­krupp vor Zer­schla­gung: Gigan­ti­scher Kon­zern­um­bau steht … beschreibt den Umbau als „gigan­tisch“ und the­ma­ti­siert den „mas­si­ven Ein­schnitt in die betrieb­li­che Mit­be­stim­mung“, ins­be­son­de­re in der Stahl­spar­te, was die beob­ach­te­ten Aus­wir­kun­gen auf die Mit­be­stim­mungs­pra­xis unter­streicht. Die Not­wen­dig­keit, schnell auf Markt­an­for­de­run­gen zu reagie­ren, darf die Betei­li­gungs­rech­te der Arbeit­neh­mer nicht aus­höh­len.

Der Stahlbereich im Fokus: Besondere Herausforderungen für die Arbeitnehmervertretung

Die tra­di­ti­ons­rei­che Stahl­spar­te von thys­sen­krupp, bekannt als thys­sen­krupp Steel Euro­pe, steht im Zen­trum des aktu­el­len Kon­zern­um­baus und damit auch im Fokus der Her­aus­for­de­run­gen für die Arbeit­neh­mer­mit­be­stim­mung. His­to­risch bedingt ver­fügt der Stahl­be­reich über eine beson­ders star­ke und ver­wur­zel­te Mit­be­stim­mungs­tra­di­ti­on und gut orga­ni­sier­te Arbeit­neh­mer­ver­tre­tun­gen, ein­schließ­lich eines ein­fluss­rei­chen Gesamt­be­triebs­rats Steel. Die Plä­ne des Vor­stands für die Stahl­spar­te, die von einem Car­ve-out (also einer recht­li­chen Ver­selbst­stän­di­gung) über die Suche nach stra­te­gi­schen Part­nern bis hin zu einem mög­li­chen Teil­ver­kauf rei­chen, stel­len die Arbeit­neh­mer­ver­tre­ter vor immense Auf­ga­ben. Jede die­ser Optio­nen birgt spe­zi­fi­sche Risi­ken und Aus­wir­kun­gen auf die bestehen­den Mit­be­stim­mungs­struk­tu­ren.

Im Fal­le eines voll­stän­di­gen Car­ve-outs und der Grün­dung einer eigen­stän­di­gen Gesell­schaft müs­sen die Wei­chen für die zukünf­ti­ge unter­neh­me­ri­sche Mit­be­stim­mung im Auf­sichts­rat die­ser neu­en Ein­heit gestellt wer­den. Dies erfor­dert oft kom­ple­xe Ver­hand­lun­gen über die Anwen­dung des Mit­be­stim­mungs­ge­set­zes (sofern die Schwel­len­wer­te erreicht wer­den) oder ande­rer recht­li­cher Rah­men­be­din­gun­gen. Auf betrieb­li­cher Ebe­ne sind die loka­len Betriebs­rä­te und der Gesamt­be­triebs­rat mit den Fol­gen poten­zi­el­ler Kapa­zi­täts­an­pas­sun­gen, Stand­ort­ver­än­de­run­gen oder sogar Teil­schlie­ßun­gen kon­fron­tiert. Die Ver­hand­lung von neu­en Betriebs­ver­ein­ba­run­gen und Sozi­al­plä­nen, die auf die spe­zi­fi­schen Bedürf­nis­se und wirt­schaft­li­chen Gege­ben­hei­ten der ver­selbst­stän­dig­ten Stahl­ge­sell­schaft zuge­schnit­ten sind, wird not­wen­dig. Die Suche nach Part­nern wirft Fra­gen nach der zukünf­ti­gen Unter­neh­mens­kul­tur und der Inte­gra­ti­on unter­schied­li­cher Mit­be­stim­mungs­prak­ti­ken auf. Für die Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung Stahl geht es dabei nicht nur um die Siche­rung von Arbeits­plät­zen und Stand­or­ten, son­dern auch um den Erhalt des his­to­risch gewach­se­nen Ein­flus­ses und der Betei­li­gungs­rech­te in einer poten­zi­ell stark ver­än­der­ten Unter­neh­mens­land­schaft. Die Kom­ple­xi­tät der Mate­rie und die Unsi­cher­heit über den fina­len Weg für die Stahl­spar­te erhö­hen den Druck auf alle Betei­lig­ten.

Reaktionen der Betriebsräte und Gewerkschaften: Proteste, Forderungen und Verhandlungen

Der von thys­sen­krupp ein­ge­schla­ge­ne Kon­zern­um­bau hat erwar­tungs­ge­mäß star­ke Reak­tio­nen bei den Betriebs­rä­ten und der maß­geb­li­chen Gewerk­schaft, der IG Metall, her­vor­ge­ru­fen. Ange­sichts der poten­zi­el­len Aus­wir­kun­gen auf Arbeits­plät­ze, Stand­or­te und die Mit­be­stim­mung selbst, haben die Arbeit­neh­mer­ver­tre­ter deut­lich gemacht, dass sie die Ver­än­de­run­gen nicht wider­spruchs­los hin­neh­men wer­den. Die Reak­tio­nen rei­chen von öffent­li­chen Stel­lung­nah­men und Medi­en­ar­beit über orga­ni­sier­te Pro­tes­te und Demons­tra­tio­nen bis hin zu inten­si­ven Ver­hand­lun­gen mit dem Manage­ment.

Zen­tra­le For­de­run­gen der Betriebs­rä­te und der IG Metall sind in ers­ter Linie die Stand­ort­si­che­rung und der Kün­di­gungs­schutz für die Beschäf­tig­ten. Sie for­dern trans­pa­ren­te Infor­ma­tio­nen über die geplan­ten Schrit­te und eine früh­zei­ti­ge und umfas­sen­de Betei­li­gung an den Ent­schei­dungs­pro­zes­sen. Die Gewerk­schaft betont die Not­wen­dig­keit, trag­fä­hi­ge Zukunfts­kon­zep­te für alle betrof­fe­nen Geschäfts­be­rei­che zu ent­wi­ckeln, die nicht allein auf Kos­ten der Beschäf­tig­ten gehen. Ein wich­ti­ges Instru­ment in die­sem Pro­zess sind die Ver­hand­lun­gen über Rah­men­ver­ein­ba­run­gen, Inter­es­sen­aus­glei­che und Sozi­al­plä­ne. Die­se zie­len dar­auf ab, die nega­ti­ven sozia­len Fol­gen von Restruk­tu­rie­rungs­maß­nah­men abzu­mil­dern, bei­spiels­wei­se durch Trans­fer­ge­sell­schaf­ten, Abfin­dungs­re­ge­lun­gen oder Qua­li­fi­zie­rungs­maß­nah­men.

Die Quel­le Thys­sen­krupp-Umbau trifft auch Kreuz­tal: Betriebs­rä­te for­dern Kün­di­gungs­schutz von der Sie­ge­ner Zei­tung lie­fert ein kon­kre­tes Bei­spiel für die loka­len Aus­wir­kun­gen und Reak­tio­nen. Sie berich­tet über die Situa­ti­on an Stand­or­ten wie Kreuz­tal und die dor­ti­gen Betriebs­rä­te, die eben­falls ener­gisch Kün­di­gungs­schutz und ein fai­res Vor­ge­hen des Unter­neh­mens ein­for­dern. Sol­che Berich­te illus­trie­ren, dass der Kon­zern­um­bau bis in die loka­len Ein­hei­ten spür­bar ist und die dor­ti­gen Arbeit­neh­mer­ver­tre­tun­gen aktiv für die Inter­es­sen ihrer Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen ein­tre­ten. Die IG Metall spielt eine koor­di­nie­ren­de Rol­le und bün­delt die For­de­run­gen der ein­zel­nen Betriebs­rä­te auf Gesamt­kon­zern- und Gesamt­be­triebs­rats-Ebe­ne, um eine star­ke Ver­hand­lungs­po­si­ti­on gegen­über dem Vor­stand zu sichern. Die Ver­hand­lun­gen sind oft lang­wie­rig und von Inter­es­sens­kon­flik­ten geprägt, da die Unter­neh­mens­lei­tung wirt­schaft­li­che Not­wen­dig­kei­ten und die Arbeit­neh­mer­ver­tre­ter sozia­le Siche­rung und den Erhalt von Ein­fluss­mög­lich­kei­ten in Ein­klang brin­gen müs­sen.

Die Zukunft der Mitbestimmung nach der Konzernneustrukturierung

Der umfas­sen­de Umbau bei thys­sen­krupp zielt auf eine fun­da­men­ta­le Neu­aus­rich­tung des Kon­zerns ab. Die ange­streb­te Ver­selbst­stän­di­gung oder der Teil­ver­kauf von Geschäfts­ein­hei­ten, ins­be­son­de­re im Stahl­be­reich, wirft signi­fi­kan­te Fra­gen hin­sicht­lich der zukünf­ti­gen Aus­ge­stal­tung der Arbeit­neh­mer­rech­te und der Mit­be­stim­mungs­gre­mi­en auf. Wie kön­nen Arbeit­neh­mer­ver­tre­ter ihren Ein­fluss sichern, wenn Ein­hei­ten aus dem bis­he­ri­gen Kon­zern­ver­bund aus­ge­glie­dert wer­den und mög­li­cher­wei­se eine eige­ne gesell­schafts­recht­li­che Form anneh­men oder an neue Eigen­tü­mer über­ge­hen?

Eine zen­tra­le Her­aus­for­de­rung liegt dar­in, die bestehen­den Mit­be­stim­mungs­rech­te und ‑struk­tu­ren, die his­to­risch und recht­lich im gewach­se­nen thys­sen­krupp Kon­zern ver­an­kert sind, auf die neu­en Kon­stel­la­tio­nen zu über­tra­gen. Bei einer Spal­tung oder einem Car­ve-out müs­sen bei­spiels­wei­se die Zustän­dig­kei­ten der Betriebs­rä­te neu gere­gelt wer­den. Gesamt­be­triebs­rä­te, die bis­her kon­zern­wei­te The­men ver­han­del­ten, ver­lie­ren unter Umstän­den ihren Ein­fluss auf die aus­ge­glie­der­ten Tei­le. Statt­des­sen müs­sen neue Struk­tu­ren auf Ebe­ne der ver­selbst­stän­dig­ten Ein­hei­ten eta­bliert oder bestehen­de ange­passt wer­den. Dies erfor­dert oft lang­wie­ri­ge Ver­hand­lun­gen über neue Betriebs­ver­ein­ba­run­gen oder sogar Kon­zern­ta­rif­ver­trä­ge, um ver­gleich­ba­re Stan­dards bei Arbeits­be­din­gun­gen, Kün­di­gungs­schutz und Sozi­al­leis­tun­gen zu gewähr­leis­ten.

Beson­de­re Auf­merk­sam­keit gilt der unter­neh­me­ri­schen Mit­be­stim­mung im Auf­sichts­rat. Soll­ten Tei­le des Kon­zerns an die Bör­se gebracht wer­den (IPO) oder als eigen­stän­di­ge Akti­en­ge­sell­schaf­ten fir­mie­ren, müs­sen die Rege­lun­gen des Mit­be­stim­mungs­ge­set­zes oder des Betriebs­ver­fas­sungs­ge­set­zes (je nach Grö­ße und Rechts­form der neu­en Ein­heit) neu ange­wandt wer­den. Dies kann bedeu­ten, dass die Anzahl der Arbeit­neh­mer­ver­tre­ter im neu­en Auf­sichts­rat abweicht oder die Beset­zung auf ande­rer Grund­la­ge erfolgt. Arbeit­neh­mer­ver­tre­ter ste­hen vor der Auf­ga­be, ihren Ein­fluss in den stra­te­gisch wich­ti­gen Auf­sichts­gre­mi­en der neu­en Ein­hei­ten gel­tend zu machen und die Inter­es­sen der Beleg­schaft auch unter neu­er Eigen­tü­mer­schaft oder in ver­än­der­ten Struk­tu­ren zu ver­tre­ten.

Die IG Metall spielt eine ent­schei­den­de Rol­le bei der Beglei­tung die­ses Pro­zes­ses. Sie unter­stützt die loka­len Betriebs­rä­te und die Gesamt­be­triebs­rä­te bei den anste­hen­den Umstruk­tu­rie­run­gen und Ver­hand­lun­gen. Ziel ist es, den Ver­lust von Arbeit­neh­mer­rech­ten und Ein­fluss­mög­lich­kei­ten durch die struk­tu­rel­len Ver­än­de­run­gen so gering wie mög­lich zu hal­ten und Stand­ort­si­che­run­gen sowie Per­spek­ti­ven für die Beschäf­tig­ten zu ver­ein­ba­ren. Die Zukunft der Mit­be­stim­mung bei thys­sen­krupp hängt maß­geb­lich davon ab, wie gut es gelingt, in die­sen kom­ple­xen Trans­for­ma­ti­ons­pro­zes­sen star­ke Ver­tre­tun­gen der Arbeit­neh­mer­schaft in den neu­en Unter­neh­mens­struk­tu­ren zu eta­blie­ren und deren Ein­fluss­nah­me auf stra­te­gi­sche Ent­schei­dun­gen wei­ter­hin zu sichern. Es ist ein Pro­zess, der nicht nur recht­li­che Anpas­sun­gen erfor­dert, son­dern auch eine star­ke Inter­es­sen­ver­tre­tung und Soli­da­ri­tät inner­halb der Beleg­schaft und zwi­schen den ver­schie­de­nen Stand­or­ten und Geschäfts­be­rei­chen.

Fazit

Der tief­grei­fen­de Kon­zern­um­bau bei thys­sen­krupp hat weit­rei­chen­de Aus­wir­kun­gen auf die eta­blier­te Arbeit­neh­mer­mit­be­stim­mung. Die geplan­ten Restruk­tu­rie­run­gen, Spal­tun­gen und mög­li­chen Teil­ver­käu­fe stel­len die Betriebs­rä­te und Gewerk­schaf­ten vor erheb­li­che Her­aus­for­de­run­gen. Sie müs­sen die Inter­es­sen der Beschäf­tig­ten inmit­ten von Unsi­cher­heit, dro­hen­dem Stel­len­ab­bau und der Neu­aus­rich­tung gan­zer Geschäfts­be­rei­che ver­tre­ten.

Die Ana­ly­se zeigt, dass der Umbau kon­kre­te Ein­schnit­te in bis­he­ri­ge Mit­be­stim­mungs­prak­ti­ken mit sich brin­gen kann, ins­be­son­de­re wenn es um Stand­ort­fra­gen, Per­so­nal­ab­bau oder die Ver­la­ge­rung von Zustän­dig­kei­ten geht. Die Stahl­spar­te, als Herz­stück des Wan­dels, erlebt die­se Her­aus­for­de­run­gen beson­ders inten­siv. Die Reak­tio­nen der Betriebs­rä­te und der IG Metall rei­chen von Pro­tes­ten bis hin zu zähen Ver­hand­lun­gen mit dem Vor­stand, um sozia­le Siche­run­gen und den Erhalt von Arbeit­neh­mer­rech­ten zu gewähr­leis­ten.

Blickt man in die Zukunft, so wird die Kon­zern­neu­struk­tu­rie­rung die Land­schaft der Mit­be­stim­mung bei thys­sen­krupp nach­hal­tig ver­än­dern. Die Eta­blie­rung und Siche­rung der Ein­fluss­mög­lich­kei­ten in ver­selbst­stän­dig­ten oder neu­en Unter­neh­mens­ein­hei­ten wird ent­schei­dend sein. Das Fazit ist klar: Eine star­ke und effek­ti­ve Mit­be­stim­mung ist in Zei­ten solch fun­da­men­ta­len Wan­dels uner­läss­lich. Sie dient nicht nur dem Schutz der Beschäf­tig­ten, son­dern trägt auch ent­schei­dend zum sozia­len Frie­den und zur Akzep­tanz not­wen­di­ger Ver­än­de­run­gen bei. Die Bewäl­ti­gung die­ser Her­aus­for­de­run­gen wird die künf­ti­gen indus­tri­el­len Bezie­hun­gen bei thys­sen­krupp maß­geb­lich prä­gen.

Weiterführende Quellen

Thys­sen­krupp vor Zer­schla­gung: Gigan­ti­scher Kon­zern­um­bau steht… (https://www.tichyseinblick.de/wirtschaft/thyssenkrupp-vor-zerschlagung-gigantischer-konzernumbau/)
Die­se Quel­le beschreibt den Umbau als „gigan­tisch“ und the­ma­ti­siert den „mas­si­ven Ein­schnitt in die betrieb­li­che Mit­be­stim­mung“, ins­be­son­de­re in der Stahl­spar­te.
Thys­sen­krupp-Umbau trifft auch Kreuz­tal: Betriebs­rä­te for­dern Kün­di­gungs­schutz
(https://www.siegener-zeitung.de/lokales/siegerland/thyssenkrupp-umbau-trifft-auch-kreuztal-betriebsraete-fordern-kuendigungsschutz-BXSNG5S4P5DLTAULVZQTU4KXVE.html)
Die­se Quel­le berich­tet über die loka­len Aus­wir­kun­gen des Umbaus und die For­de­run­gen der Betriebs­rä­te nach Kün­di­gungs­schutz und fai­rem Vor­ge­hen.
Thys­sen­krupp: Wie­so ein Som­mer des Miss­ver­gnü­gens bevor­steht.
(https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/russwurm-lopez-kerner-thyssenkrupp-tkms-stahl-li.3260864?reduced=true)
Die­se Quel­le the­ma­ti­siert den Kon­zern­um­bau und beleuch­tet, wie die Mit­be­stim­mung durch Arbeit­neh­mer­ver­tre­ter nach einem mög­li­chen Bör­sen­gang aus­se­hen könn­te.
Fusi­on geplatzt, Jobs auf der Kip­pe. Bei Thys­sen­Krupp einig­ten sich… (https://www.labournet.de/politik/gw/gw-in‑d/igm/thyssen-krupp-betriebsraete-protestieren-gegen-stahlfusion‑2/)
Die­ses Dos­sier bie­tet Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen zum Kon­zern­um­bau, der Eini­gung zwi­schen Vor­stand und Gewerk­schaft sowie Pro­tes­ten der Betriebs­rä­te.
Ernüch­tern­de Kli­ma­bi­lanz: ein Schritt vor, zwei Schrit­te zurück (https://www.kritischeaktionaere.de/thyssenkrupp/thyssenkrupp-ein-schritt-vor-zwei-schritte-zurueck/)
Die­se Quel­le erwähnt den Kon­zern­um­bau und kon­sta­tiert eine „gebro­che­ne Mit­be­stim­mungs­pra­xis“ bei thys­sen­krupp.