Betriebsräte als Gestalter der Sozial-Ökologischen Transformation: Mitbestimmung für eine nachhaltige Arbeitswelt

Betriebsräte als Gestalter der Sozial-Ökologischen Transformation: Mitbestimmung für eine nachhaltige Arbeitswelt

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Die Trans­for­ma­ti­on der Wirt­schaft und Gesell­schaft hin zu mehr Nach­hal­tig­keit und sozia­ler Gerech­tig­keit ist eine der größ­ten Her­aus­for­de­run­gen und gleich­zei­tig Chan­cen unse­rer Zeit. Unter­neh­men ste­hen unter dem Druck, ihre Geschäfts­prak­ti­ken fun­da­men­tal zu über­den­ken, um den Kli­ma­wan­del ein­zu­däm­men, Res­sour­cen zu scho­nen und sozia­le Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men. In die­sem tief­grei­fen­den Wan­del spie­len Betriebs­rä­te eine ent­schei­den­de Rol­le. Ihre Mit­be­stim­mungs­rech­te und ihr Enga­ge­ment sind unver­zicht­bar, um sicher­zu­stel­len, dass die Trans­for­ma­ti­on nicht nur öko­lo­gisch sinn­voll, son­dern auch sozi­al ver­träg­lich und gerecht (eine „Just Tran­si­ti­on“) erfolgt.

Die zentrale Rolle des Betriebsrats im ökologischen Wandel

Der Betriebs­rat ist gesetz­lich dazu auf­ge­ru­fen, Maß­nah­men des betrieb­li­chen Umwelt­schut­zes zu för­dern und deren Ein­hal­tung zu über­wa­chen (§ 80 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG, § 89 BetrVG). Die­se Auf­ga­be geht weit über ein­fa­che Umwelt­maß­nah­men hin­aus. Sie umfasst alle per­so­nel­len, orga­ni­sa­to­ri­schen und tech­ni­schen Schrit­te, die dem Umwelt­schutz die­nen und sich inner­halb oder außer­halb des Betriebs posi­tiv aus­wir­ken kön­nen. Dazu gehö­ren bei­spiels­wei­se die Ein­füh­rung von Job-Tickets, die Umstel­lung auf Elek­tro­fahr­zeu­ge, Abfall­ver­mei­dung oder die Nut­zung erneu­er­ba­rer Ener­gien.

Mitbestimmungsrechte als Katalysator für Nachhaltigkeit

Stu­di­en bele­gen, dass Unter­neh­men mit einer star­ken Mit­be­stim­mung im Durch­schnitt nach­hal­ti­ger agie­ren und höhe­re ESG-Scores (Envi­ron­ment, Social, Gover­nan­ce) auf­wei­sen. Der Mit­be­stim­mungs­ef­fekt beein­flusst alle ESG-Berei­che glei­cher­ma­ßen. Betriebs­rä­te kön­nen Nach­hal­tig­keits­in­itia­ti­ven anre­gen und aktiv mit­ge­stal­ten, indem sie als Bin­de­glied zwi­schen Beleg­schaft und Unter­neh­mens­füh­rung agie­ren. Sie neh­men die Anlie­gen der Mit­ar­bei­ter auf und tra­gen sie ins Manage­ment, wäh­rend sie gleich­zei­tig für Akzep­tanz nach­hal­ti­ger Lösun­gen wer­ben. Bei der Umset­zung (gesetz­li­cher) ESG-The­men kön­nen zahl­rei­che Mit­be­stim­mungs­rech­te des Betriebs­rats, etwa nach § 87 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 10 BetrVG, aus­ge­löst wer­den, bei­spiels­wei­se bei betrieb­li­chen Vor­ga­ben zu nach­hal­ti­gem Ver­hal­ten, der Aus­ge­stal­tung der Arbeits­zeit oder der Ein­be­zie­hung von ESG-Zie­len in die Lohn­ge­stal­tung.

Proaktive Gestaltung statt bloßer Reaktion

Es reicht nicht aus, wenn Betriebs­rä­te ledig­lich die Aus­wir­kun­gen von Trans­for­ma­ti­ons­pro­zes­sen in Sozi­al­plä­nen ver­han­deln. Es wird zuneh­mend gefor­dert, dass die Umstel­lung als sol­che mit­be­stim­mungs­pflich­tig wird. Dies erfor­dert eine pro­ak­ti­ve Betriebs­rats­stra­te­gie, die lang­fris­tig den Erhalt und die Wei­ter­ent­wick­lung des Unter­neh­mens sichert. Eine erfolg­rei­che Inte­gra­ti­on von ESG-Kri­te­ri­en in die Unter­neh­mens­stra­te­gie setzt eine enge und ver­trau­ens­vol­le Zusam­men­ar­beit zwi­schen Unter­neh­mens­lei­tung und Betriebs­rat vor­aus, geprägt von kla­ren Kom­mu­ni­ka­ti­ons­we­gen und trans­pa­ren­ten Ent­schei­dungs­pro­zes­sen.

Arbeitsplatzsicherung und Qualifizierung für eine grüne Zukunft

Die sozi­al-öko­lo­gi­sche Trans­for­ma­ti­on führt zu tief­grei­fen­den Ver­än­de­run­gen in der Arbeits­welt. Dies beinhal­tet sowohl den Ver­lust tra­di­tio­nel­ler Arbeits­plät­ze als auch die Schaf­fung neu­er „Green Jobs“. Für Betriebs­rä­te ist die Arbeits­platz­si­che­rung ein zen­tra­les Anlie­gen in die­sem Wan­del. Nach­hal­ti­ges Wirt­schaf­ten kann lang­fris­tig nicht nur Arbeits­plät­ze sichern, son­dern auch neue Beschäf­ti­gungs­mög­lich­kei­ten schaf­fen und die Zukunfts­fä­hig­keit des Unter­neh­mens stär­ken.

Qualifizierung als Schlüsselkompetenz

Die Umstel­lung auf eine koh­len­stoff­ar­me, umwelt­freund­li­che Wirt­schaft erfor­dert von den Beschäf­tig­ten neue Kom­pe­ten­zen und Qua­li­fi­ka­tio­nen. Betriebs­rä­te sind hier gefor­dert, im Bereich der Wei­ter­bil­dung aktiv zu wer­den. Durch geziel­te Schu­lun­gen und Sen­si­bi­li­sie­rungs­maß­nah­men kön­nen sie die Mit­ar­bei­ter für das The­ma Nach­hal­tig­keit fit machen und sicher­stel­len, dass sie die benö­tig­ten Fähig­kei­ten für grü­ne Beru­fe erwer­ben. Es besteht bereits ein erheb­li­cher Man­gel an Fach­kräf­ten in vie­len kli­ma­re­le­van­ten Beru­fen. Die För­de­rung von Aus- und Wei­ter­bil­dung für Green Jobs ist daher essen­zi­ell. Das Kon­zept der „Umwelt­stif­tung“, das Aus­bil­dun­gen im Kli­ma- und Umwelt­be­reich ver­mit­telt, zeigt einen Weg auf, wie der Arbeits­markt für die­sen Wan­del sta­bi­li­siert wer­den kann.

Die doppelte Transformation meistern

Vie­le Unter­neh­men ste­hen vor einer dop­pel­ten Trans­for­ma­ti­on: der digi­ta­len und der öko­lo­gi­schen. Bei­de Pro­zes­se müs­sen par­al­lel gemeis­tert wer­den. Betriebs­rä­te müs­sen die­sen Umbruch aktiv mit­ge­stal­ten, um Arbeits­plät­ze und Stand­or­te zu sichern und gleich­zei­tig gute Arbeits­be­din­gun­gen zu schaf­fen. Dabei ist es ent­schei­dend, die Beleg­schaft früh­zei­tig ein­zu­bin­den und zu über­zeu­gen.

ESG-Faktoren und Arbeitsrecht: Eine neue Dimension der Mitbestimmung

Die ESG-Fak­to­ren (Envi­ron­men­tal, Social, Gover­nan­ce) sind aus der moder­nen Unter­neh­mens­po­li­tik nicht mehr weg­zu­den­ken. Sie defi­nie­ren einen Rah­men für lang­fris­ti­ges und nach­hal­ti­ges Wirt­schaf­ten. Im Bereich des Arbeits­rechts spie­len ins­be­son­de­re die „Social“-Faktoren eine gro­ße Rol­le. Dazu gehö­ren die Ver­ant­wor­tung für die eige­ne Beleg­schaft (Sicher­heit, Gesund­heit, fai­re Ent­loh­nung), aber auch für die Arbeits­be­din­gun­gen in der Lie­fer­ket­te.

Lieferketten und faire Entlohnung

Das Lie­fer­ket­ten­sorg­falts­pflich­ten­ge­setz (LkSG), das seit dem 1. Janu­ar 2023 gilt, ver­pflich­tet Unter­neh­men ab einer bestimm­ten Grö­ße, Men­schen­rech­te und Umwelt­stan­dards ent­lang ihrer gesam­ten Lie­fer­ket­te ein­zu­hal­ten. Dies hat direk­te Aus­wir­kun­gen auf das Arbeits­recht, da Unter­neh­men unter ande­rem einen ange­mes­se­nen Lohn zah­len müs­sen, der min­des­tens dem gesetz­li­chen Min­dest­lohn ent­spricht, und ein Gleich­be­hand­lungs­ge­bot ein­hal­ten müs­sen. Auch wenn das LkSG kei­ne direk­ten Mit­be­stim­mungs­rech­te begrün­det, ist die Ein­bin­dung des Betriebs­rats bei des­sen Umset­zung not­wen­dig.

Nachhaltige Vergütung und Unternehmenskultur

Die Bedeu­tung von ESG führt auch dazu, dass eine nach­hal­ti­ge Ver­gü­tungs­po­li­tik immer rele­van­ter wird, auch bei nicht-bör­sen­no­tier­ten Unter­neh­men. Eine posi­ti­ve Unter­neh­mens­kul­tur, die sozia­le Ver­ant­wor­tung lebt, fai­re Bezah­lung und Work-Life-Balan­ce för­dert, ist Teil einer umfas­sen­den Nach­hal­tig­keits­stra­te­gie. Der Betriebs­rat kann hier aktiv dar­auf hin­wir­ken, dass Arbeits­plät­ze unter Berück­sich­ti­gung die­ser Prin­zi­pi­en gestal­tet wer­den.

Resilienz als Grundpfeiler für Unternehmen und Betriebsräte

In Zei­ten stän­di­ger Ver­än­de­run­gen und Kri­sen – sei es durch Kli­ma­wan­del, demo­gra­fi­schen Wan­del oder glo­ba­le Umbrü­che – ist Resi­li­enz für Unter­neh­men und ihre Beschäf­tig­ten von ent­schei­den­der Bedeu­tung. Resi­li­enz beschreibt die Fähig­keit, sich von Belas­tun­gen und Her­aus­for­de­run­gen zu erho­len und sich anzu­pas­sen, um erfolg­reich zu blei­ben. Stu­di­en zei­gen, dass Mit­be­stim­mung Unter­neh­men resi­li­en­ter und inno­va­ti­ver macht.

Organisationale und individuelle Resilienz

Der Begriff Resi­li­enz bezieht sich nicht nur auf ein­zel­ne Men­schen, son­dern auch auf Teams und gan­ze Unter­neh­men (orga­ni­sa­tio­na­le Resi­li­enz). Ein resi­li­en­tes Unter­neh­men ist bes­ser in der Lage, auf die Anfor­de­run­gen der sozi­al-öko­lo­gi­schen Trans­for­ma­ti­on zu reagie­ren und die­se erfolg­reich zu bewäl­ti­gen. Die För­de­rung von Resi­li­enz und psy­chi­scher Gesund­heit ist ein wich­ti­ger Bestand­teil des betrieb­li­chen Gesund­heits­ma­nage­ments (BGM).

Resilienz in der Betriebsratsarbeit

Auch Betriebs­rä­te selbst müs­sen resi­li­ent sein, da sie in ihrer Rol­le oft im Span­nungs­feld unter­schied­li­cher Erwar­tun­gen agie­ren und mit Belas­tun­gen kon­fron­tiert sind. Die Ent­wick­lung inne­rer Stär­ke, Wider­stands­kraft und eines sou­ve­rä­nen Umgangs mit Her­aus­for­de­run­gen ist für sie essen­zi­ell. Das Trai­ning von Resi­li­enz kann ihnen hel­fen, Kri­sen gelas­sen und kraft­voll zu begeg­nen und ihre Auf­ga­ben effek­tiv zu erfül­len. Eine stra­te­gi­sche Betriebs­rats­ar­beit, die Ver­net­zung und eine kla­re Ziel­de­fi­ni­ti­on beinhal­tet, trägt eben­falls zur Resi­li­enz des Gre­mi­ums bei.

Fazit

Die sozi­al-öko­lo­gi­sche Trans­for­ma­ti­on ist eine umfas­sen­de Auf­ga­be, die alle Akteu­re in einem Unter­neh­men betrifft. Betriebs­rä­te sind dabei weit mehr als nur Beglei­ter die­ses Wan­dels; sie sind des­sen akti­ve Gestal­ter. Durch die Nut­zung ihrer gesetz­li­chen Mit­be­stim­mungs­rech­te, die För­de­rung des betrieb­li­chen Umwelt­schut­zes, die Siche­rung und Neu­schaf­fung von Arbeits­plät­zen durch nach­hal­ti­ges Wirt­schaf­ten sowie die Qua­li­fi­zie­rung für grü­ne Beru­fe neh­men sie eine Schlüs­sel­po­si­ti­on ein. Die Berück­sich­ti­gung von ESG-Fak­to­ren im Arbeits­recht und die Stär­kung der orga­ni­sa­tio­na­len und indi­vi­du­el­len Resi­li­enz sind wei­te­re Kern­auf­ga­ben, die den Erfolg die­ser Trans­for­ma­ti­on maß­geb­lich beein­flus­sen. Eine star­ke Mit­be­stim­mungs­kul­tur, die auf Ver­trau­en und pro­ak­ti­ver Zusam­men­ar­beit basiert, ist der Grund­stein für Unter­neh­men, die nicht nur öko­lo­gisch ver­ant­wort­lich, son­dern auch sozi­al gerecht und wirt­schaft­lich zukunfts­fä­hig agie­ren wol­len. Die akti­ve Rol­le der Betriebs­rä­te ist somit uner­läss­lich für eine nach­hal­ti­ge und gerech­te Arbeits­welt von mor­gen.

Wei­ter­füh­ren­de Quel­len:
https://www.tbs-nrw.de/aktuelles/news-detail/sozialoekologische-transformation-eine-chance-fuer-betriebsrat-personalrat-und-co.html

https://kliemt.blog/2022/07/06/umweltschutz-als-herausforderung-fuer-unternehmen-welche-rolle-spielt-der-betriebsrat/

https://zukunftszentren.de/wissenspool/oekologische-transformation-im-wandel-der-arbeitswelt/

https://www.arbeit-umwelt.de/transformation-der-arbeit/

https://www.oegb.at/themen/arbeitsmarkt/arbeitsmarktpolitik/green-jobs-fuer-eine-gute-zukunft-fuer-alle-