Unternehmen stehen heute unter einem enormen Veränderungsdruck, der von einer Vielzahl globaler Megatrends ausgeht. Digitalisierung, Nachhaltigkeit und der demografische Wandel sind nicht länger bloße Schlagworte, sondern existentielle Treiber, die eine umfassende Transformation von Geschäftsmodellen, Prozessen und Unternehmenskulturen erfordern. Doch wie können Organisationen in diesem komplexen Umfeld ihre Transformationsfähigkeit messen, steuern und erfolgreich gestalten? Der Fraunhofer-Transformationsindex 2025 bietet hierfür einen wissenschaftlich fundierten Kompass.
Der Fraunhofer-Transformationsindex 2025: Ein Kompass für die Zukunftsfähigkeit
Der Fraunhofer-Transformationsindex ist ein wegweisendes Instrument, das speziell dafür entwickelt wurde, die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen zu ermitteln und die zentralen Einflussgrößen organisationaler Transformationsfähigkeit sichtbar zu machen. Entwickelt vom Forschungs- und Innovationszentrum für Transformation & Governance des Fraunhofer HNFIZ, basiert der Index auf einer einzigartigen Transformationsstudie, die über 250.000 wissenschaftliche Publikationen mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) auswertete. Diese umfassende Analyse, die 35 Jahre Forschungsarbeit bündelt, überführt die Erkenntnisse in konkrete Kennzahlen und ermöglicht eine präzise Diagnose der aktuellen Transformationslage eines Unternehmens.
Das Ergebnis sind fünf Dimensionen der Transformationsfähigkeit, die als Schlüsselfaktoren für erfolgreiche Veränderungen identifiziert wurden. Der Index liefert somit nicht nur eine Momentaufnahme, sondern auch eine solide Grundlage für die strategische Weiterentwicklung und Maßnahmenplanung in Organisationen. Um die Relevanz der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu untermauern, wurde der Index einem umfangreichen Praxischeck unterzogen. Dabei wurden 67 dokumentierte Transformationsverläufe aus Konzernen, mittelständischen Unternehmen und Hidden Champions im In- und Ausland analysiert, um Best Practices und Beispiele für gelungene Transformationen zu identifizieren.
Die Doppelte Transformation: Digitalisierung und Nachhaltigkeit als strategische Imperative
Die digitale Transformation ist ein entscheidender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Sie geht über die reine Implementierung neuer Technologien hinaus und erfordert fundamentale Veränderungen in der Unternehmenskultur, den Prozessen und den Arbeitsabläufen. Digitale Lösungen steigern die Effizienz, fördern Innovation und Kreativität und wirken sich auf Produkte, Prozesse, Organisationsstrukturen und Managementkonzepte aus.
Eng verbunden mit der Digitalisierung ist das Thema Nachhaltigkeit. Beide Megatrends – Digitalisierung und Nachhaltigkeit – sind untrennbar miteinander verbunden und bilden die sogenannte „doppelte Transformation“ oder „twin transition“. Diese synergetische Verknüpfung kann Unternehmen langfristig ökologisch und wirtschaftlich profitieren lassen. Digitale Technologien fungieren dabei als Enabler für nachhaltige Transformation. Sie ermöglichen es Unternehmen, Ressourcen einzusparen, neue grüne Geschäftsmodelle zu entwickeln und Daten effizient zu nutzen, um Nachhaltigkeitsziele zu messen und zu erreichen.
Praxisbeispiele für digitale Nachhaltigkeit
- Energieeffizienz durch IoT-Sensoren: In Gebäuden können IoT-Sensoren den Energieverbrauch optimieren, indem sie Verbraucher gemäß dem tatsächlichen Bedarf steuern. Dies trägt zu einem effizienteren Energieverbrauch bei und ermöglicht die Entwicklung „smarter“ Klimaanlagen.
- Nachhaltige Lieferketten: Digitale Plattformen und Analysetools können dazu beitragen, Lieferketten grüner zu gestalten und die ökologischen Auswirkungen zu minimieren.
- Ressourcenschonung durch digitale Design-Tools: Digitale Design-Tools ermöglichen es, nachhaltige Rohstoffe für Fertigungsprozesse zu ermitteln und Stresstests zu unterziehen, um den Materialeinsatz zu optimieren.
Unternehmen, die ihre Nachhaltigkeitsstrategien an ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) und internationalen Rahmenwerken wie den Sustainable Development Goals (SDGs) ausrichten, positionieren sich nicht nur als verantwortungsbewusste Akteure, sondern sichern sich auch langfristige Wettbewerbsvorteile.
Der Demografische Wandel: Eine unterschätzte Transformationskraft
Neben Digitalisierung und Nachhaltigkeit stellt der demografische Wandel eine weitere zentrale Herausforderung dar, die Organisationen unter permanenten Veränderungsdruck setzt. Der Fachkräftemangel, der durch die alternde Bevölkerung und sich wandelnde Kompetenzanforderungen der Digitalisierung verschärft wird, zwingt Unternehmen dazu, ihre Personalstrategien und Unternehmenskulturen anzupassen, um attraktiv für Talente zu bleiben und Wissen zu sichern. Eine erfolgreiche Transformation muss daher auch die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Belegschaft, die Führung und die Unternehmenskultur proaktiv adressieren. Die Fähigkeit, flexibel und adaptiv auf diese neuen Anforderungen zu reagieren, ist entscheidend für die Selbsterneuerungsfähigkeit und damit für den digitalen Reifegrad eines Unternehmens.
Messung der Transformationsfähigkeit: Instrumente und Indikatoren
Die Messbarkeit der Transformationsfähigkeit ist der Schlüssel zu deren erfolgreicher Steuerung. Der Fraunhofer-Transformationsindex ist ein herausragendes Beispiel für ein wissenschaftlich fundiertes Instrument, das es Unternehmen ermöglicht, ihre Fortschritte und Herausforderungen in der Transformation objektiv zu bewerten. Er macht die Erfolgsfaktoren für erfolgreiche Veränderungen sichtbar und bewertbar.
Darüber hinaus gibt es weitere Ansätze und Tools zur Messung:
- Transformations-Radar: Basierend auf dem 8‑Stufen-Modell für erfolgreiche Veränderungen von Dr. John Kotter, hilft das Transformations-Radar von ValueQuest Unternehmen, Transformationsprozesse kontinuierlich zu überwachen und die Bereitschaft und Fähigkeit zur digitalen Transformation zu messen. Es kann im Rahmen von Mitarbeiterbefragungen oder Transformationsprojekten eingesetzt werden.
- Individuelle KPIs: Da die digitale Transformation für jedes Unternehmen einzigartig ist, müssen auch die Messkriterien und Key Performance Indicators (KPIs) individuell festgelegt werden. Wichtig ist es, Bereiche wie Kundenerlebnis, Geschäftsmodell, operative Prozesse, Effizienz und Unternehmenskultur abzudecken, um den Erfolg ganzheitlich messbar zu machen.
- Lead und Lag Indicators: Im Kontext agiler Transformationen wird zwischen Lead Indicators (was wir tun) und Lag Indicators (wie die Organisation auf Veränderungen reagiert) unterschieden, um den Erfolg zu bewerten. Michal Vallo hat hierfür ein Framework mit Dimensionen wie Organisation, Motivation, Wertschöpfung und Reaktion auf Veränderungen entwickelt.
Die kontinuierliche und systematische Messung ist essenziell, um den Reifegrad der Transformation zu bestimmen und strategische Anpassungen vorzunehmen.
Praxisfälle: Lernen von erfolgreichen Transformationen
Die Theorie der Transformation gewinnt erst durch die Anwendung in der Praxis an Relevanz. Der Fraunhofer-Transformationsindex stützt sich auf einen Praxischeck mit zahlreichen Beispielen für erfolgreiche Transformationen. Diese Best-Practice-Analyse von 67 dokumentierten Fällen liefert wertvolle Einblicke in reale Umsetzungsszenarien.
Ein konkretes Beispiel ist die UVEX SAFETY GROUP GmbH & Co. KG, die ein Plattformkonzept für produktbasierte Dienstleistungen nutzt. Durch die Überbrückung von Medienbrüchen bei der Bedarfsermittlung und Beschaffung persönlicher Schutzausrüstung vereinfacht das Unternehmen interne Abläufe für Firmenkunden und deckt Nutzung sowie Entsorgung umfassend ab. Diese verbesserte Dienstleistung schafft nicht nur ökonomische Vorteile, sondern unterstützt auch die Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen und stellt einen klaren Marktvorteil dar. Die Erfahrung zeigt, dass die Einbindung aller relevanten Schlüsselakteure, sowohl intern als auch extern, sowie die Harmonisierung von Struktur, Akteuren und Methoden entscheidend für den Erfolg sind. Ein weiteres Beispiel für grundlegende Veränderungen ohne alles Alte über den Haufen zu werfen, ist das Unternehmen Würth.
Fazit
Die Notwendigkeit zur Transformation ist unbestreitbar. Digitalisierung, Nachhaltigkeit und der demografische Wandel erfordern von Unternehmen eine kontinuierliche Anpassung und Erneuerung. Der Fraunhofer-Transformationsindex 2025 erweist sich hierbei als unverzichtbares Werkzeug, das eine wissenschaftlich fundierte Messung der Transformationsfähigkeit ermöglicht und eine klare Grundlage für strategische Entscheidungen bietet. Durch die ganzheitliche Betrachtung und die Integration von Praxisfällen können Unternehmen nicht nur ihre aktuelle Position bestimmen, sondern auch konkrete Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Zukunft ableiten. Die „doppelte Transformation“ aus Digitalisierung und Nachhaltigkeit, kombiniert mit der Bewältigung des demografischen Wandels, stellt eine immense Herausforderung dar, birgt aber zugleich enorme Chancen für langfristige Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft. Wer diese komplexen Veränderungen proaktiv und strategisch angeht, wird die Zukunftsfähigkeit seines Unternehmens nachhaltig sichern.



