Immer wieder kommt es vor, dass Arbeitgeber und Betriebsräte in Konflikt geraten. In einem aktuellen Fall hat das Landesarbeitsgericht Nürnberg (Az.: 1 TaBVGa 4/22) nun entschieden, dass ein Arbeitgeber ein Betriebsratsmitglied nicht öffentlich diffamieren darf.
Der Arbeitgeber hatte in Aushängen und auf einer Betriebsversammlung behauptet, das Betriebsratsmitglied habe versucht, sich qua Amt einen persönlichen Vorteil zu verschaffen. Der Fall zeigt, wie wichtig das Verbot der Behinderung der Betriebsratsarbeit gemäß § 78 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist und welche Folgen Verstöße haben können.
In diesem Artikel werden die Hintergründe des Falls sowie die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg näher beleuchtet.
Hintergrundinformationen
In dem vorliegenden Fall ging es um eine Betriebsvereinbarung zu einem Freiwilligenprogramm, die Anfang November 2020 in einer Firma abgeschlossen worden war. Die Vereinbarung regelte unter anderem einen Abfindungsanspruch von bis zu 250.000 EUR für Arbeitnehmer, die das Unternehmen freiwillig verlassen.
Ein freigestelltes Betriebsratsmitglied, das die Betriebsvereinbarung federführend ausgehandelt hatte, soll sich im Frühjahr 2022 gegenüber dem Personalleiter angeblich für das Ausscheiden aus dem Unternehmen bereit erklärt und eine Abfindungssumme von 750.000 bzw. später 360.000 EUR ins Spiel gebracht haben. Der Arbeitgeber beantragte daraufhin den Ausschluss des Mannes aus dem Betriebsrat wegen grober Verletzung seiner Pflichten.
Verhalten des Arbeitgebers
Zugleich veröffentlichte der Arbeitgeber unter dem Titel “Betriebsrat missbraucht Vertrauen” Aushänge, in denen die Belegschaft über den Ausschlussantrag informiert wurde. In diesen Aushängen wurde behauptet, dass das Betriebsratsmitglied für sein eigenes Ausscheiden aus der Firma eine Abfindung von 750.000 Euro verlangt habe, während er selbst für die Mitarbeiter eine maximale Abfindung von 250.000 Euro ausgehandelt habe.
Nach der Betriebsratswahl habe er seine Forderung auf 360.000 Euro reduziert. Diese Aussagen wurden später auf einer Betriebsversammlung wiederholt und waren zwischenzeitlich auch im standortübergreifenden Intranet und einer firmeninternen App in anderen Betrieben abrufbar.
Entscheidung des Gerichts
Das Betriebsratsmitglied beantragte daraufhin vor dem Arbeitsgericht Bamberg, dem Arbeitgeber aufzugeben, den Text per Intranet, App und Aushang nicht mehr zu verbreiten. Das Arbeitsgericht Bamberg gab dem Antrag statt.
In der Berufungsinstanz bestätigte das Landesarbeitsgericht Nürnberg die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der Arbeitgeber hatte demnach “kein berechtigtes Interesse” daran, die Aussagen betriebsöffentlich zu machen.
Die Verlautbarungen des Arbeitgebers ließen bei den Lesern den Eindruck entstehen, dass hier eine schwere Verfehlung eines Betriebsratsmitglieds vorliege und gingen damit “über eine angemessene und sachliche Kommentierung weit hinaus”. Das Verhalten des Arbeitgebers verletzte den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit und behinderte die Betriebsratstätigkeit. Das Betriebsratsmitglied durfte somit nicht betriebsöffentlich diffamiert werden.
Fazit
Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg verdeutlicht, dass ein Arbeitgeber Betriebsratsmitglieder nicht betriebsöffentlich diffamieren darf. Solche Aussagen verletzen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit und behindern die Betriebsratstätigkeit.