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Wie Betriebs­rä­te und Start-ups zuein­an­der­fin­den: Her­aus­for­de­run­gen, Kon­flik­te und Lösungsansätze

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I. Ein­lei­tung

Wie das Han­dels­blatt berich­tet, ste­hen Start-up-Unter­neh­men und Betriebs­rä­te oft in Kon­flikt zuein­an­der. Immer wie­der kommt es zu Gerichts­ver­hand­lun­gen und Strei­tig­kei­ten. Dabei ist eine Mit­be­stim­mung der Arbeit­neh­mer durch Betriebs­rä­te gera­de in Zei­ten von wirt­schaft­li­cher Schwä­che und Mas­sen­ent­las­sun­gen von hoher Bedeu­tung. Ein aktu­el­les Bei­spiel ist der Streit um einen Betriebs­rat beim Lebens­mit­tel­lie­fer­dienst Flink, der vor Kur­zem vor dem Ber­li­ner Arbeits­ge­richt ver­han­delt wurde. 

II. Die Her­aus­for­de­run­gen der Betriebs­rats­grün­dung bei Start-ups

Die Grün­dung eines Betriebs­rats bei Start-ups stellt oft eine Her­aus­for­de­rung dar. Denn vie­le jun­ge Unter­neh­men sind dar­auf aus­ge­rich­tet, schnell zu wach­sen und sich fle­xi­bel an neue Gege­ben­hei­ten anzu­pas­sen. Hier­bei kann die Bil­dung eines Betriebs­rats, der sich für die Inter­es­sen der Arbeit­neh­mer ein­setzt, als hin­der­lich emp­fun­den werden.

Oft­mals gibt es auch eine gewis­se Abnei­gung gegen­über Gewerk­schaf­ten und Arbeit­neh­mer­ver­tre­tun­gen. Die­se wer­den von eini­gen Start-ups als nicht zeit­ge­mäß betrach­tet und als ver­al­tet abge­lehnt. Zudem kön­nen auch Kos­ten und Zeit­druck eine Rol­le spie­len, da die Grün­dung eines Betriebs­rats Zeit und Ener­gie erfor­dert, die in der Wachs­tums­pha­se eines Start-ups knapp sein kön­nen. All die­se Fak­to­ren erschwe­ren die Grün­dung von Betriebs­rä­ten bei Start-ups und kön­nen zu Kon­flik­ten führen.

II. Die Her­aus­for­de­run­gen der Betriebs­rats­grün­dung bei Start-ups

Start-ups ste­hen in der Regel vor ganz eige­nen Her­aus­for­de­run­gen, wenn es um die Grün­dung von Betriebs­rä­ten geht. Ins­be­son­de­re das schnel­le Wachs­tum und die stän­di­gen Ver­än­de­run­gen, die für vie­le Start-ups typisch sind, machen es schwie­rig, einen Betriebs­rat zu eta­blie­ren. Denn Betriebs­rä­te haben in der Regel das Ziel, die Inter­es­sen der Arbeit­neh­mer zu ver­tre­ten und mit der Unter­neh­mens­lei­tung zusam­men­zu­ar­bei­ten, um bes­se­re Arbeits­be­din­gun­gen und eine gerech­te­re Ent­loh­nung zu errei­chen. Die Zusam­men­ar­beit mit einem Betriebs­rat kann für ein Unter­neh­men auch Vor­tei­le bie­ten, indem sie zur Stei­ge­rung der Mit­ar­bei­ter­zu­frie­den­heit und ‑moti­va­ti­on bei­tra­gen kann. Trotz­dem füh­ren die oben genann­ten Her­aus­for­de­run­gen oft dazu, dass Start-ups dazu nei­gen, die Grün­dung von Betriebs­rä­ten zu ver­hin­dern oder zu verzögern.

III. Die Bedeu­tung von Betriebs­rä­ten für Arbeitnehmer

Betriebs­rä­te haben eine wich­ti­ge Rol­le als Inter­es­sen­ver­tre­tung der Arbeit­neh­mer. Sie sor­gen dafür, dass die Rech­te und Anlie­gen der Beschäf­tig­ten im Unter­neh­men gehört wer­den und tra­gen zur Ver­bes­se­rung der Arbeits­be­din­gun­gen bei. Ins­be­son­de­re in Zei­ten von wirt­schaft­li­chen Her­aus­for­de­run­gen wie Mas­sen­ent­las­sun­gen, Betriebs­still­le­gun­gen oder Umstruk­tu­rie­run­gen, kön­nen Betriebs­rä­te eine ent­schei­den­de Rol­le spie­len, indem sie ihre Kol­le­gen vor unge­recht­fer­tig­ten Kün­di­gun­gen schüt­zen und bei der Ver­hand­lung von Sozi­al­plä­nen unterstützen.

Doch auch im All­tag haben Betriebs­rä­te eine wich­ti­ge Funk­ti­on. Sie set­zen sich dafür ein, dass Arbeit­neh­mer fair und gerecht behan­delt wer­den, indem sie bei­spiels­wei­se die Ein­hal­tung von Arbeits­zeit­ge­set­zen und Tarif­ver­trä­gen über­wa­chen. Sie sind auch dafür zustän­dig, Beschwer­den und Pro­ble­me von Arbeit­neh­mern zu lösen, indem sie mit der Unter­neh­mens­lei­tung ver­han­deln oder gege­be­nen­falls recht­li­che Schrit­te ein­lei­ten. Somit tra­gen Betriebs­rä­te maß­geb­lich dazu bei, ein gutes Arbeits­kli­ma zu schaf­fen und das Wohl­be­fin­den der Mit­ar­bei­ter zu verbessern.

IV. Kon­flik­te zwi­schen Betriebs­rä­ten und Start-up-Unternehmen

In aktu­el­len Gerichts­ver­fah­ren kommt es immer wie­der zu Kon­flik­ten zwi­schen Betriebs­rä­ten und Start-ups wie Flink, HelloFresh, Goril­las und Sma­va. Bei Flink hat ein ehe­ma­li­ger Fah­rer vor dem Arbeits­ge­richt Ber­lin gegen sei­ne Kün­di­gung geklagt, nach­dem er ver­sucht hat­te, einen Betriebs­rat zu grün­den. Ähn­lich wie bei ande­ren Start-ups scheint die Ein­füh­rung von Betriebs­rä­ten bei Flink auf­grund der schwie­ri­gen Bezie­hung zwi­schen Arbeit­neh­mern und Arbeit­ge­bern jedoch kein ein­fa­ches Unter­fan­gen zu sein.

Auch bei HelloFresh kommt es immer wie­der zu gericht­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen um die Grün­dung eines Betriebs­rats. Ende letz­ten Jah­res ent­schied das Ber­li­ner Arbeits­ge­richt, dass ein Wahl­vor­stand ein­ge­setzt wer­den muss. Das Unter­neh­men wehrt sich jedoch gegen die­se Ent­schei­dung und zieht den Fall in die nächs­te Instanz. Bei Goril­las konn­ten Mit­ar­bei­ter der Fir­ma 2021 nach lan­gem Hin und Her eine Inter­es­sen­ver­tre­tung für alle Beschäf­tig­ten in Ber­lin wäh­len. Aller­dings ver­lor der Betriebs­rat schnell wie­der an Ein­fluss, weil das Start-up ein­zel­ne Waren­la­ger-Stand­or­te in Fran­chise-Unter­neh­men umwan­del­te, in denen die stadt­wei­ten Betriebs­rä­te kein Mit­spra­che­recht haben. Und bei Sma­va haben Mit­ar­bei­ter sich für eine Betriebs­rats­wahl ein­ge­setzt, jedoch kam es dabei zum Streit zwi­schen den Initia­to­ren und ande­ren Mit­ar­bei­tern aus der Belegschaft.

Die Kon­flik­te zwi­schen Betriebs­rä­ten und Start-up-Unter­neh­men haben unter­schied­li­che Hin­ter­grün­de. Einer­seits sind es struk­tu­rel­le und kul­tu­rel­le Unter­schie­de zwi­schen tra­di­tio­nel­len Unter­neh­men und Start-ups, die es schwie­rig machen, eine gemein­sa­me Grund­la­ge zu fin­den. Ande­rer­seits geht es oft auch um das Ver­hält­nis von Arbeit­neh­mern und Arbeit­ge­bern, da Betriebs­rä­te ein Instru­ment der Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung sind und damit die Macht­ba­lan­ce zwi­schen Arbeit­neh­mern und Arbeit­ge­bern ver­än­dern kön­nen. Die Kon­flik­te zei­gen jedoch auch, dass es bei vie­len Start-ups noch immer eine star­ke Abhän­gig­keit von Arbeit­ge­bern und eine man­geln­de Unter­stüt­zung von Arbeit­neh­mer­rech­ten gibt.

V. Lösungs­an­sät­ze

Die Kon­flik­te zwi­schen Start-ups und Betriebs­rä­ten zei­gen, dass es noch immer eine gewis­se Skep­sis und Zurück­hal­tung bei vie­len Unter­neh­mens­grün­dern gibt, wenn es um die Ein­rich­tung von Betriebs­rä­ten geht. Doch Betriebs­rä­te kön­nen auch für Start-ups von Vor­teil sein, da sie ein bes­se­res Arbeits­kli­ma schaf­fen und den Dia­log zwi­schen Arbeit­neh­mern und Arbeit­ge­bern för­dern kön­nen. Im Fol­gen­den wer­den eini­ge Lösungs­an­sät­ze vor­ge­stellt, wie Start-ups und Betriebs­rä­te bes­ser zusam­men­ar­bei­ten können.

1. Offe­ne Kommunikation

Eine offe­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen Arbeit­ge­bern und Arbeit­neh­mern ist der Schlüs­sel, um Kon­flik­te zu ver­mei­den oder zu lösen. Wenn Start-ups ihren Mit­ar­bei­tern das Gefühl geben, dass ihre Mei­nung gehört und berück­sich­tigt wird, kön­nen sie Ver­trau­en auf­bau­en und eine gute Zusam­men­ar­beit för­dern. Auch soll­ten Start-ups ihre Mit­ar­bei­ter über ihre Rech­te und Pflich­ten im Hin­blick auf Betriebs­rä­te auf­klä­ren, um Miss­ver­ständ­nis­se zu vermeiden.

2. Unter­stüt­zung von Gewerkschaften

Gewerk­schaf­ten kön­nen Start-ups und Betriebs­rä­ten bei der Zusam­men­ar­beit unter­stüt­zen, indem sie ihre Exper­ti­se und Erfah­rung ein­brin­gen. Sie kön­nen Schu­lun­gen und Work­shops anbie­ten und bei Bedarf auch als Ver­mitt­ler zwi­schen den Par­tei­en fun­gie­ren. Auch kön­nen sie bei der Grün­dung von Betriebs­rä­ten hel­fen und auf recht­li­che Fra­gen auf­merk­sam machen.

3. Posi­ti­ve Bei­spie­le nutzen

Es gibt bereits eini­ge erfolg­rei­che Bei­spie­le von Start-ups, die erfolg­reich mit Betriebs­rä­ten zusam­men­ar­bei­ten. Die­se posi­ti­ven Erfah­run­gen soll­ten genutzt wer­den, um ande­ren Start-ups zu zei­gen, dass eine Zusam­men­ar­beit mit Betriebs­rä­ten mög­lich und sogar von Vor­teil sein kann. Auch kön­nen Start-ups von die­sen posi­ti­ven Bei­spie­len ler­nen und sie als Vor­bild für die eige­ne Zusam­men­ar­beit mit Betriebs­rä­ten nutzen.

4. Gesetz­li­che Rege­lun­gen verbessern

Um Kon­flik­te zwi­schen Start-ups und Betriebs­rä­ten zu ver­mei­den, könn­ten gesetz­li­che Rege­lun­gen ver­bes­sert wer­den. Hier könn­te zum Bei­spiel eine ver­bes­ser­te Absi­che­rung für Arbeit­neh­mer wäh­rend des Grün­dungs­pro­zes­ses von Betriebs­rä­ten oder eine schnel­le­re Gerichts­bar­keit bei Kon­flik­ten hel­fen. Auch könn­ten die Rege­lun­gen für die Grün­dung von Betriebs­rä­ten bei Start-ups ver­ein­facht wer­den, um den Pro­zess zu erleichtern.

VI. Fazit

Zusam­men­fas­send lässt sich fest­stel­len, dass die Grün­dung von Betriebs­rä­ten in Start-ups nach wie vor ein kon­tro­vers dis­ku­tier­tes The­ma ist. Wäh­rend eini­ge Unter­neh­men sich bereits für Arbeit­neh­mer­ver­tre­tun­gen öff­nen und die­se als wich­ti­gen Bestand­teil einer moder­nen Arbeits­kul­tur betrach­ten, gibt es auch Unter­neh­men, die sich gegen die Grün­dung von Betriebs­rä­ten weh­ren und in Kon­flik­te mit Arbeit­neh­mern und Gewerk­schaf­ten geraten.

Die Bedeu­tung von Betriebs­rä­ten für Arbeit­neh­mer in Start-ups ist jedoch nicht zu unter­schät­zen. Ins­be­son­de­re in wirt­schaft­lich schwie­ri­gen Zei­ten kön­nen Betriebs­rä­te als Inter­es­sen­ver­tre­tung der Arbeit­neh­mer dazu bei­tra­gen, Ent­las­sun­gen abzu­mil­dern und fai­re Abfin­dungs­re­ge­lun­gen auszuhandeln.

Um Kon­flik­te zwi­schen Betriebs­rä­ten und Start-ups zu ver­mei­den, soll­ten Unter­neh­men früh­zei­tig auf ihre Arbeit­neh­mer zuge­hen und sich für deren Anlie­gen und Inter­es­sen öff­nen. Eine offe­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on und ein kon­struk­ti­ver Dia­log kön­nen dazu bei­tra­gen, Kon­flik­te zu ver­mei­den und ein gutes Arbeits­kli­ma zu schaffen.

In Zukunft wird es span­nend sein zu beob­ach­ten, wie sich die Situa­ti­on von Betriebs­rä­ten in Start-ups wei­ter­ent­wi­ckelt. Es bleibt zu hof­fen, dass sich Unter­neh­men zuneh­mend für die Bedeu­tung von Arbeit­neh­mer­ver­tre­tun­gen öff­nen und die­se als wich­ti­gen Bestand­teil einer moder­nen Arbeits­kul­tur anerkennen.

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