Die Entscheidungsgründe des Bundesgerichtshofs im Fall der Volkswagen-Manager (wir berichteten bereits: https://ibp-akademie.de/klaerung-der-verguetung-von-betriebsraeten-prozess-gegen-vw-manager-geht-in-neue-runde/)
wurden nun veröffentlicht und könnten weitreichende Auswirkungen auf die Vergütung von Betriebsräten haben.
Erfahren Sie in diesem Artikel, was genau in der Entscheidung steht und welche Konsequenzen sich daraus ergeben könnten.
Einleitung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 10. Januar 2023 die Entscheidung des Landgerichts Braunschweig im Prozess um die Vergütung von Betriebsräten der Volkswagen AG aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Am 17. Februar wurden nun die Entscheidungsgründe des BGH veröffentlicht. In dem Verfahren ging es um die Gewährung von Arbeitsentgelten an freigestellte Betriebsräte in den Jahren 2011 bis 2016, die die Zahlungen an die betriebsverfassungsrechtlich zutreffenden Vergleichsgruppen erheblich überstiegen. Welche Konsequenzen die Entscheidung auf die Vergütung von Betriebsräten haben könnte, möchten wir im Folgenden näher erläutern.
Hintergrund: Der Fall der VW-Manager und die Entscheidung des Bundesgerichtshofs
Im Jahr 2016 wurden Ermittlungen gegen VW-Mitarbeiter aufgenommen, die im Verdacht standen, Betriebsräte überhöhte Vergütungen gezahlt zu haben. Konkret ging es um die Gewährung von Arbeitsentgelten, die die Vergleichsgruppen der betriebsverfassungsrechtlichen Vorgaben erheblich überstiegen. Die Vergütungen sollen den Betriebsräten in den Jahren 2011 bis 2016 gewährt worden sein und der Volkswagen AG einen Schaden von mehr als 4,5 Millionen Euro verursacht haben.
Im Jahr 2021 wurden zwei ehemalige Personalvorstände und zwei ehemalige Personalleiter der Volkswagen AG vom Landgericht Braunschweig vom Vorwurf der Untreue freigesprochen. Das Gericht befand, dass den Angeklagten der erforderliche Vorsatz fehle, weil sie sich auf die Einschätzungen interner und externer Berater verlassen beziehungsweise ein bestehendes Vergütungssystem vorgefunden und irrtümlich angenommen hätten, mit ihren jeweiligen bewilligenden Entscheidungen keine Pflichten zu verletzen.
Die Staatsanwaltschaft legte gegen das Urteil Revision ein und der Fall wurde vor dem Bundesgerichtshof verhandelt. Am 10. Januar 2023 hob der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts Braunschweig auf und verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurück. Der BGH sah den objektiven Tatbestand einer Untreue als erfüllt an, konnte jedoch aufgrund unzureichender Urteilsfeststellungen und Beweiswürdigungen des Landgerichts keinen Vorsatz der Angeklagten feststellen. Am 17. Februar 2023 wurden schließlich die Entscheidungsgründe veröffentlicht, welche nähere Auskunft über die Argumentation des BGH geben.
Veröffentlichung der Entscheidungsgründe durch den Bundesgerichtshof
Am 17. Februar 2023 hat der Bundesgerichtshof die Entscheidungsgründe zu dem vielbeachteten Fall der Vergütung von Betriebsräten bei Volkswagen veröffentlicht. Dabei geht es um die Frage, ob die Vergütung von Betriebsräten durch Volkswagen in den Jahren 2011 bis 2016 in unrechtmäßiger Weise erhöht wurde. Der Fall wurde bereits im September 2021 vom Landgericht Braunschweig verhandelt, welches die Angeklagten, zwei frühere Vorstände für den Bereich Personal und zwei frühere Personalleiter, vom Vorwurf der Untreue freigesprochen hatte. Nach Ansicht des Landgerichts fehlte es den Angeklagten an einem Vorsatz, obwohl die Gewährung von Arbeitsentgelten (Monatsentgelte und freiwillige Bonuszahlungen) an freigestellte Betriebsräte die Zahlungen an die betriebsverfassungsrechtlich zutreffenden Vergleichsgruppen erheblich überstiegen hatten und hierdurch der Volkswagen AG ein Schaden von mehr als 4,5 Millionen Euro entstand.
Die Entscheidung des Landgerichts wurde nun vom Bundesgerichtshof aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Der Bundesgerichtshof bemängelte insbesondere die Darstellung der Urteilsfeststellungen, die den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechen. Der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Freisprüche aufgehoben, da das Landgericht nicht hinreichend dargelegt habe, ob die Bewilligung der monatlichen Entgelte und Bonuszahlungen den betriebsverfassungsrechtlichen Grundsätzen widerspricht und ob das Landgericht auf zutreffender Grundlage einen Vorsatz der Angeklagten verneint hat. Die Entscheidungsgründe des Bundesgerichtshofs liegen nun vor und könnten Auswirkungen auf die Vergütung von Betriebsräten in Unternehmen haben.
Inhalt der Entscheidungsgründe
In den Entscheidungsgründen führt der Bundesgerichtshof aus, dass das Landgericht zwar im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen ist, dass der objektive Tatbestand einer Untreue nach § 266 Abs. 1 Strafgesetzbuch erfüllt sein kann, wenn ein Vorstand oder Prokurist einer Aktiengesellschaft unter Verstoß gegen das betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot einem Mitglied des Betriebsrats ein überhöhtes Arbeitsentgelt gewährt. Jedoch genügten die Urteilsfeststellungen des Landgerichts nicht den gesetzlichen Darstellungsanforderungen, um zu beurteilen, ob die Bewilligung der monatlichen Entgelte und Bonuszahlungen den betriebsverfassungsrechtlichen Grundsätzen widerspricht und ob das Landgericht auf zutreffender Grundlage einen Vorsatz der Angeklagten verneint hat.
Der BGH monierte insbesondere, dass dem Urteil nicht zu entnehmen sei, nach welchem System die Vergütung von Angestellten der Volkswagen AG generell geregelt war, welche Kriterien für die Einordnung in “Kostenstellen” und “Entgeltgruppen” galten, nach welchen Regeln ein Aufstieg in höhere “Entgeltgruppen” sowie in die verschiedenen “Managementkreise” vorgesehen war und welche Maßstäbe den Entscheidungen über die Gewährung von Bonuszahlungen sowie über deren Höhe zugrunde lagen. Auch die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Vorsatz der Angeklagten wies nach Auffassung des BGH einen Rechtsfehler auf, da das Landgericht die über die Grundgehälter hinaus gewährten Bonuszahlungen außer Betracht gelassen habe. Aus diesen Gründen hob der BGH das Urteil des Landgerichts Braunschweig auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurück.
Auswirkungen der Entscheidung auf den Fall
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs könnte möglicherweise zu einer strengeren Handhabung der Vergütung von Betriebsräten führen. Während die bisherige Praxis in vielen Unternehmen darin bestand, Betriebsräte in höhere Entgeltgruppen einzustufen und Bonuszahlungen zu gewähren, um sie für ihre Arbeit zu entschädigen, zeigt das Urteil des BGH, dass dies nicht ohne Weiteres zulässig ist.
Insbesondere betonte der BGH, dass das Landgericht in seinem Urteil nicht hinreichend dargelegt hatte, nach welchen Regeln die Vergütung von Angestellten der Volkswagen AG generell geregelt war und welche Kriterien für die Einordnung in “Kostenstellen” und “Entgeltgruppen” galten. Hieraus lässt sich ableiten, dass Unternehmen nun gezwungen sind, transparenter und konsistenter zu sein, wenn es um die Vergütung von Betriebsräten geht. Es ist anzunehmen, dass Unternehmen ihre Vergütungspraktiken nun genauer prüfen und möglicherweise anpassen müssen, um zukünftig rechtliche Probleme zu vermeiden.
Es bleibt jedoch abzuwarten, wie die Praxis in der Zukunft tatsächlich aussehen wird. Eine einheitliche Handhabung wird schwierig zu erreichen sein, da die Vergütung von Betriebsräten von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich geregelt ist. Letztendlich wird es Sache der Gerichte sein, in jedem Einzelfall zu entscheiden, ob die Vergütung eines Betriebsratsmitglieds angemessen war oder nicht. Es ist jedoch unbestreitbar, dass die Entscheidung des BGH eine deutliche Veränderung in der Handhabung der Vergütung von Betriebsräten in Deutschland darstellt.
Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG)
Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) legt keine konkreten Vorgaben für die Vergütung von Betriebsräten fest, sondern besagt lediglich, dass die Mitglieder des Betriebsrats ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt führen (§ 37 BetrVG). Einem freigestellten Betriebsratsmitglied darf wegen seiner Tätigkeit im Betriebsrat weder gekündigt noch sonst benachteiligt werden (§ 78 Abs. 1 BetrVG). Der Arbeitgeber darf ein Betriebsratsmitglied zudem nicht begünstigen (§ 78 Abs. 2 BetrVG). Eine begünstigende Handlung kann insbesondere dann vorliegen, wenn ein Betriebsratsmitglied im Hinblick auf seine Betriebsratstätigkeit einen Vorteil gewährt bekommt, den andere Arbeitnehmer nicht erhalten (§ 78 Abs. 3 BetrVG).
Fazit
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs könnte möglicherweise zu einer strengeren Handhabung der Vergütung von Betriebsräten führen. Während die bisherige Praxis in vielen Unternehmen darin bestand, Betriebsräte in höhere Entgeltgruppen einzustufen und Bonuszahlungen zu gewähren, um sie für ihre Arbeit zu entschädigen, zeigt das Urteil des BGH, dass dies nicht ohne Weiteres zulässig ist.
Insbesondere betonte der BGH, dass das Landgericht in seinem Urteil nicht hinreichend dargelegt hatte, nach welchen Regeln die Vergütung von Angestellten der Volkswagen AG generell geregelt war und welche Kriterien für die Einordnung in “Kostenstellen” und “Entgeltgruppen” galten. Hieraus lässt sich ableiten, dass Unternehmen nun gezwungen sind, transparenter und konsistenter zu sein, wenn es um die Vergütung von Betriebsräten geht. Es ist anzunehmen, dass Unternehmen ihre Vergütungspraktiken nun genauer prüfen und möglicherweise anpassen müssen, um zukünftig rechtliche Probleme zu vermeiden.
Es bleibt jedoch abzuwarten, wie die Praxis in der Zukunft tatsächlich aussehen wird. Eine einheitliche Handhabung wird schwierig zu erreichen sein, da die Vergütung von Betriebsräten von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich geregelt ist. Letztendlich wird es Sache der Gerichte sein, in jedem Einzelfall zu entscheiden, ob die Vergütung eines Betriebsratsmitglieds angemessen war oder nicht. Es ist jedoch unbestreitbar, dass die Entscheidung des BGH eine deutliche Veränderung in der Handhabung der Vergütung von Betriebsräten in Deutschland darstellt.