Die rasante Verbreitung von Künstlicher Intelligenz (KI), insbesondere in Form von Anwendungen wie ChatGPT, stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen. Einerseits eröffnen sich immense Potenziale zur Effizienzsteigerung und Innovation. Andererseits wirft der Einsatz von KI-Systemen Fragen nach den Auswirkungen auf die Arbeitsplätze und die Rechte der Arbeitnehmer auf. In diesem Kontext gewinnt die Mitbestimmung des Betriebsrats eine zentrale Bedeutung. Doch inwieweit greifen die bestehenden Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gemäß Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) auch bei KI-Systemen? Und welche neuen Kompetenzen sind erforderlich, um die Interessen der Belegschaft angemessen zu vertreten?
Der Einsatz von KI im Unternehmen: Ein Überblick
KI-Anwendungen durchdringen zunehmend alle Bereiche des Unternehmens. Von der Automatisierung repetitiver Aufgaben in der Produktion oder im Kundenservice bis hin zur Unterstützung bei komplexen Entscheidungsprozessen im Management – die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. ChatGPT und ähnliche generative KI-Systeme werden beispielsweise genutzt, um Texte zu erstellen, Kundenanfragen zu beantworten oder interne Kommunikation zu optimieren.
Die Vorteile für Unternehmen liegen auf der Hand: höhere Produktivität, Kosteneinsparungen, verbesserte Entscheidungsfindung und neue Geschäftsmodelle. Gleichzeitig birgt der Einsatz von KI aber auch Risiken. Dazu gehören der potenzielle Abbau von Arbeitsplätzen, die Überwachung und Kontrolle von Arbeitnehmern, algorithmische Diskriminierung und ethische Fragen im Zusammenhang mit der Datennutzung.
Um die Potenziale von KI optimal zu nutzen und gleichzeitig die Risiken zu minimieren, ist eine umfassende Auseinandersetzung mit den technologischen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen erforderlich. Dies betrifft nicht nur das Management, sondern auch den Betriebsrat, der eine wichtige Rolle bei der Gestaltung des Wandels spielt.
Weiterführende Informationen zum Einsatz von generativer KI in Unternehmen finden Sie im Bitkom-Leitfaden-Generative-KI-im-Unternehmen.
Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Einführung von KI
Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) räumt dem Betriebsrat umfassende Mitbestimmungsrechte bei der Einführung und Anwendung neuer Technologien ein. Diese Rechte gelten grundsätzlich auch für KI-Systeme, allerdings stellt die Komplexität der Technologie und die spezifischen Anwendungsbereiche neue Herausforderungen dar.
Besonders relevant sind die §§ 90 und 91 BetrVG. § 90 BetrVG regelt die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers bei geplanten Baumaßnahmen, technischen Anlagen, Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen. Der Betriebsrat ist rechtzeitig und umfassend zu informieren und zu beraten. Dies gilt auch für die Einführung von KI-Systemen, die die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten verändern können.
§ 91 BetrVG räumt dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei Maßnahmen zur menschengerechten Gestaltung der Arbeit ein. Wenn durch den Einsatz von KI-Systemen die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten beeinträchtigt werden, beispielsweise durch erhöhten Leistungsdruck, Überwachung oder monotone Aufgaben, kann der Betriebsrat Maßnahmen zur Verbesserung der Situation fordern.
Die Frage ist, inwieweit diese bestehenden Mitbestimmungsrechte ausreichen, um die Interessen der Arbeitnehmer im Zeitalter der KI zu schützen. Einige Experten argumentieren, dass eine Anpassung der Gesetzgebung erforderlich ist, um den spezifischen Herausforderungen von KI-Systemen gerecht zu werden. Andere betonen die Bedeutung einer aktiven und gestaltenden Rolle des Betriebsrats im Rahmen der bestehenden Gesetze.
Weitere Informationen zu den Rechten des Betriebsrats im Zusammenhang mit KI finden Sie im Artikel Künstliche Intelligenz – Neue Rechte für den Betriebsrat.
Konkrete Beispiele für die Mitbestimmung bei ChatGPT & Co.
Der Betriebsrat hat vielfältige Möglichkeiten, seine Mitbestimmungsrechte bei der Einführung und Nutzung von KI-Systemen wie ChatGPT auszuüben. Diese reichen von formellen Prozessen, die im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) verankert sind, bis hin zu informellen Wegen, die auf Dialog und Kooperation basieren.
Ein wichtiger Aspekt ist die formelle Mitbestimmung gemäß § 90 BetrVG bei der Planung von Neu‑, Um- und Erweiterungsbauten, technischen Anlagen, Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen. Wenn durch den Einsatz von KI-Systemen Änderungen in diesen Bereichen zu erwarten sind, hat der Betriebsrat ein Recht auf umfassende Information und Beratung. Dies ermöglicht es ihm, frühzeitig Bedenken zu äußern und alternative Lösungen vorzuschlagen, die die Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigen.
Ein konkretes Beispiel wäre die Einführung eines KI-gestützten Chatbots im Kundenservice. Der Betriebsrat kann hier darauf bestehen, dass vor der Implementierung eine umfassende Risikoanalyse durchgeführt wird, um mögliche negative Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter zu identifizieren. Dazu gehören beispielsweise eine erhöhte Arbeitsbelastung durch die Bearbeitung komplexer Kundenanfragen, die vom Chatbot nicht gelöst werden können, oder eine Entwertung der menschlichen Interaktion im Kundenservice.
Darüber hinaus kann der Betriebsrat gemäß § 91 BetrVG bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen und Arbeitsabläufen mitbestimmen, wenn diese durch den Einsatz von KI-Systemen verändert werden. Dies umfasst beispielsweise die Ergonomie der Arbeitsplätze, die Pausenregelungen und die Qualifikationsanforderungen an die Mitarbeiter. Im Falle des KI-Chatbots könnte der Betriebsrat beispielsweise darauf drängen, dass die Mitarbeiter ausreichend geschult werden, um den Chatbot effektiv zu nutzen und Kundenanfragen professionell zu bearbeiten.
Neben der formellen Mitbestimmung spielt auch die informelle Mitbestimmung eine wichtige Rolle. Der Betriebsrat kann beispielsweise regelmäßige Gespräche mit der Unternehmensleitung führen, um sich über geplante KI-Projekte zu informieren und seine Bedenken und Vorschläge einzubringen. Auch die Einrichtung von Arbeitsgruppen, in denen Arbeitnehmer, Betriebsräte und Experten zusammenarbeiten, kann dazu beitragen, eine breite Akzeptanz für KI-Systeme zu schaffen und die Interessen aller Beteiligten zu berücksichtigen.
Ein weiteres Beispiel für informelle Mitbestimmung ist die Gestaltung von Betriebsvereinbarungen. In einer Betriebsvereinbarung können beispielsweise konkrete Regeln für den Einsatz von KI-Systemen festgelegt werden, die über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehen. Dies kann beispielsweise die Transparenz der KI-Algorithmen, den Schutz der Arbeitnehmerdaten und die Kontrolle der KI-Systeme durch den Betriebsrat umfassen.
Herausforderungen und Grenzen der Mitbestimmung
Die Mitbestimmung des Betriebsrats bei KI-Systemen steht vor einer Reihe von Herausforderungen und Grenzen. Eine der größten Herausforderungen ist der Fachkräftemangel im Bereich KI. Viele Betriebsräte verfügen nicht über das notwendige technische Know-how, um die komplexen Algorithmen und Prozesse von KI-Systemen vollständig zu verstehen und ihre Auswirkungen auf die Arbeitnehmer zu beurteilen. Dies erschwert es ihnen, ihre Mitbestimmungsrechte effektiv auszuüben.
Darüber hinaus ist die Komplexität der Technologie selbst eine Herausforderung. KI-Systeme entwickeln sich rasant weiter, und es ist oft schwierig, den Überblick über die neuesten Entwicklungen zu behalten. Dies erfordert eine kontinuierliche Weiterbildung und Schulung der Betriebsräte, um mit den technologischen Veränderungen Schritt zu halten.
Eine weitere wichtige Frage ist, wie mit dem Einsatz von KI-Systemen außerhalb des Betriebes umzugehen ist. Immer mehr Arbeitnehmer nutzen beispielsweise private ChatGPT-Accounts für berufliche Zwecke. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hat, da der Einsatz der KI-Systeme nicht direkt vom Unternehmen gesteuert wird. Das Kliemt Arbeitsrecht Blog argumentiert in einem Artikel, dass bei der Nutzung privater ChatGPT-Accounts kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht Kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Nutzung privater ChatGPT-Accounts – der Artikel argumentiert, dass bei der Nutzung privater ChatGPT-Accounts kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht.
Diese Frage ist jedoch noch nicht abschließend geklärt und wird in der arbeitsrechtlichen Diskussion kontrovers diskutiert. Es ist daher wichtig, dass Betriebsräte sich frühzeitig mit dieser Thematik auseinandersetzen und gegebenenfalls eine Betriebsvereinbarung abschließen, die den Umgang mit privaten KI-Systemen im beruflichen Kontext regelt.
Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass die gesetzlichen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats möglicherweise nicht ausreichen, um die Interessen der Arbeitnehmer im Zeitalter der KI umfassend zu schützen. Insbesondere bei der Überwachung und Bewertung von Arbeitnehmern durch KI-Systeme ist es wichtig, dass der Betriebsrat ein starkes Mitbestimmungsrecht hat, um sicherzustellen, dass die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer gewahrt werden.
Die Rolle des Betriebsrats bei der Gestaltung einer humanen KI-Strategie
Der Betriebsrat kann eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung einer humanen KI-Strategie im Unternehmen spielen. Eine humane KI-Strategie zeichnet sich dadurch aus, dass sie die ethischen Aspekte des KI-Einsatzes berücksichtigt, die Arbeitnehmerrechte schützt und die Transparenz und Akzeptanz der KI-Systeme fördert.
Ein wichtiger Aspekt ist die Berücksichtigung ethischer Aspekte. KI-Systeme können beispielsweise zur Diskriminierung von Arbeitnehmern führen, wenn sie auf verzerrten Daten trainiert werden. Der Betriebsrat kann hier darauf drängen, dass die KI-Systeme regelmäßig auf Diskriminierungsrisiken überprüft werden und dass Maßnahmen ergriffen werden, um diese Risiken zu minimieren.
Darüber hinaus ist es wichtig, die Arbeitnehmerrechte zu schützen. KI-Systeme dürfen beispielsweise nicht dazu verwendet werden, Arbeitnehmer heimlich zu überwachen oder ihre Leistung unfair zu bewerten. Der Betriebsrat kann hier darauf drängen, dass die Datenschutzbestimmungen eingehalten werden und dass die Arbeitnehmer über den Einsatz von KI-Systemen umfassend informiert werden.
Die Förderung von Transparenz und Akzeptanz ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil einer humanen KI-Strategie. Die Arbeitnehmer müssen verstehen, wie die KI-Systeme funktionieren und welche Auswirkungen sie auf ihre Arbeit haben. Der Betriebsrat kann hier dazu beitragen, dass die KI-Systeme transparent erklärt werden und dass die Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, ihre Bedenken und Vorschläge einzubringen.
Um eine humane KI-Strategie zu entwickeln, kann der Betriebsrat beispielsweise eine Arbeitsgruppe einrichten, in der Arbeitnehmer, Betriebsräte und Experten zusammenarbeiten. Diese Arbeitsgruppe kann eine Bestandsaufnahme der im Unternehmen eingesetzten KI-Systeme durchführen, die Risiken und Chancen des KI-Einsatzes analysieren und Empfehlungen für eine humane KI-Strategie entwickeln. Der Artikel “Einführung von KI im Unternehmen – Einbindung des Betriebsrats” auf CMS Hasche Sigle Blog behandelt die Einbindung des Betriebsrats bei der Einführung von KI im Unternehmen Einführung von KI im Unternehmen – Einbindung des Betriebsrats – Der Artikel behandelt die Einbindung des Betriebsrats bei der Einführung von KI im Unternehmen.
Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe können dann in eine Betriebsvereinbarung einfließen, die die Leitlinien für den Einsatz von KI-Systemen im Unternehmen festlegt. Eine solche Betriebsvereinbarung kann beispielsweise Regelungen zur Transparenz, zum Datenschutz, zur Qualifizierung der Arbeitnehmer und zur Kontrolle der KI-Systeme durch den Betriebsrat enthalten.
Fazit
Die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) wie ChatGPT in Unternehmensprozesse schreitet rasant voran und stellt die etablierten Strukturen der betrieblichen Mitbestimmung vor neue Herausforderungen. Wie dargelegt, bieten das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), insbesondere die §§ 90 und 91, eine rechtliche Grundlage für die Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Einführung und Gestaltung von KI-Systemen. Der Betriebsrat hat das Recht auf Information und Beratung bei geplanten technischen Anlagen sowie Mitbestimmungsrechte bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen und Arbeitsabläufen, wenn diese durch KI verändert werden.
Konkrete Beispiele zeigen, dass der Betriebsrat durch Betriebsvereinbarungen maßgeblich Einfluss nehmen kann, um die Interessen der Arbeitnehmer zu schützen, etwa bei der Transparenz der KI-Nutzung, dem Schutz persönlicher Daten oder der Qualifizierung für neue Aufgaben. Dennoch bestehen erhebliche Herausforderungen. Die Komplexität der Technologie, der Mangel an Fachwissen auf Betriebsratsseite und die Abgrenzung zwischen dienstlicher und privater Nutzung von KI-Tools erschweren die effektive Mitbestimmung.
Für die Zukunft ist es entscheidend, dass Betriebsräte ihr Wissen über KI ausbauen und proaktiv an der Entwicklung einer humanen KI-Strategie im Unternehmen mitwirken. Dies beinhaltet die frühzeitige Einbindung in Entscheidungsprozesse, die Berücksichtigung ethischer Aspekte und die Sicherstellung, dass KI als unterstützendes Werkzeug dient und nicht zur übermäßigen Kontrolle oder zum Abbau von Arbeitsplätzen führt. Die weitere rechtliche Entwicklung, sei es durch Anpassungen des BetrVG oder durch richtungsweisende Rechtsprechung, wird maßgeblich die zukünftigen Möglichkeiten der Betriebsratsarbeit im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz prägen.
Weiterführende Quellen
- Bitkom-Leitfaden-Generative-KI-im-Unternehmen.pdf (https://www.bitkom.org/sites/main/files/2024–02/Bitkom-Leitfaden-Generative-KI-im-Unternehmen.pdf) – Dieser Leitfaden gibt einen umfassenden Überblick über den Einsatz von generativer KI in Unternehmen.
usammenhang mit künstlicher Intelligenz. - Kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Nutzung privater … (https://kliemt.blog/2024/03/13/kein-mitbestimmungsrecht-des-betriebsrats-bei-der-nutzung-privater-chatgpt-accounts/) – Der Artikel argumentiert, dass bei der Nutzung privater ChatGPT-Accounts kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht.
- Einführung von KI im Unternehmen – Einbindung des Betriebsrats (https://www.cmshs-bloggt.de/rechtsthemen/kuenstliche-intelligenz/einfuehrung-von-ki-im-unternehmen-einbindung-des-betriebsrats/) – Der Artikel behandelt die Einbindung des Betriebsrats bei der Einführung von KI im Unternehmen.
- Das ABC zum Betriebsrat | ver.di (https://www.verdi.de/themen/mitbestimmung/betriebsrat/++co++743d550e-7794–11ec-9146–001a4a16012a) – Dieser Artikel erklärt die Grundlagen der Betriebsratsarbeit, einschließlich Mitbestimmungsrechte.
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Meta-Title: KI & Betriebsrat: Mitbestimmung bei ChatGPT
Meta-Description: Wie kann der Betriebsrat bei KI-Anwendungen wie ChatGPT mitbestimmen? Rechte, Pflichten & Beispiele für eine humane KI-Strategie im Betrieb.
Meta-Keywords: KI, ChatGPT, Betriebsrat, Mitbestimmung, Arbeitsrecht, Unternehmen, Künstliche Intelligenz, Betriebsratsarbeit, Betriebliches Mitbestimmungsrecht, Arbeitsplatzgestaltung