Eigentlich ist im Betriebsverfassungsgesetz klar geregelt, wie ein Betriebsratsbeschluss gefasst wird: Die Betriebsratsmitglieder werden vom Vorsitzenden zu einer Sitzung eingeladen. In der Einladung werden die Tagesordnungspunkte genannt und die Mitglieder stimmen dann zusammen über die zu beschließenden Dinge ab (§ 29 Abs. 2 BetrVG und § 33 Abs. 1 BetrVG). Auch eine nachträgliche Beschlussfassung ist möglich.
Deshalb hatte ein Urteil des Landesarbeitsgericht Düsseldorf aus dem Jahr 2021 (LAG Düsseldorf AZ: 11 Sa 490/20) bei einigen Juristen für Erstaunen gesorgt.
Das Gericht hatte über eine Klage eines Mitarbeiters zu entscheiden, der eine Betriebsvereinbarung über das Entgeltsystem in dem Unternehmen für unwirksam hielt, weil der Betriebsratsvorsitzende allein, also ohne einen gültigen Beschluss des Gremiums herbeizuführen, gehandelt hatte. Durch den Wegfall von Zuschlägen erlitt dieser Beschäftigte finanzielle Einbußen.
Die Richter wiesen die Klage aber zurück. Sie sahen das Vorliegen einer Anscheinsvollmacht gegeben, da der Betriebsrat trotz Kenntnis des Handelns des Vorsitzenden dem Arbeitgeber ‑zumindest fahrlässig- nicht darüber unterrichtet hatte, dass keine Versammlung und somit keine Abstimmung über die Betriebsvereinbarung stattgefunden habe. Gerade wenn es um das Lohnsystem in einem Unternehmen gehe, wäre das aber seine Pflicht gewesen, so dass sie für den Vorsitzenden haften.
Der Kläger ging in Revision und hat nun vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt recht bekommen. Dieses betont, dass es sich bei Entscheidungen des Betriebsrats immer um Gremiumsbeschlüsse handelt, ohne die der Vorsitzende nicht tätig werden dürfe. Der Arbeitgeber hätte die Möglichkeit gehabt, vom Betriebsrat eine Kopie des Sitzungsprotokolls zu der Betriebsvereinbarung anzufordern, um sicher zu gehen, dass diese auch rechtsgültig ist. (BAG Erfurt AZ: 1 AZR 233/21)