Schulungsanspruch verstehen und anwenden: Ein rechtlicher Ratgeber für Betriebsräte

Schulungsanspruch verstehen und anwenden: Ein rechtlicher Ratgeber für Betriebsräte

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Im Rah­men ihrer wich­ti­gen Rol­le im Unter­neh­men ste­hen Betriebs­rä­te vor der Her­aus­for­de­rung, ihre Rech­te und Pflich­ten stets zu ken­nen und kom­pe­tent aus­zu­füh­ren. Ein zen­tra­ler Aspekt die­ser Ver­ant­wor­tung ist der Schu­lungs­an­spruch, der im § 37 Abs. 6 des Betriebs­ver­fas­sungs­ge­set­zes (BetrVG) ver­an­kert ist und durch zahl­rei­che Gerichts­ent­schei­dun­gen geformt wur­de. Die­ser Arti­kel dient als Weg­wei­ser für Betriebs­rä­te, um nicht nur ihre Ansprü­che zu ver­ste­hen, son­dern auch die Schrit­te, die not­wen­dig sind, um die­se Ansprü­che erfolg­reich gegen­über dem Arbeit­ge­ber gel­tend zu machen und somit die Qua­li­tät ihrer Arbeit im Betriebs­rat zu sichern und zu ver­bes­sern.

Schritt-für-Schritt: Beschlussfassung im Betriebsrat

Um als Betriebs­rat eine fun­dier­te Ent­schei­dung über die Teil­nah­me an Schu­lun­gen zu tref­fen, müs­sen bestimm­te Schrit­te sorg­fäl­tig befolgt wer­den. Die­se die­nen dazu, den Schu­lungs­be­darf ange­mes­sen zu ermit­teln, zu doku­men­tie­ren und die Kos­ten­über­nah­me durch den Arbeit­ge­ber sicher­zu­stel­len.

Feststellung des Schulungsbedarfs

  • Ermitt­lung des Schu­lungs­be­darfs: Dis­kus­si­on im Betriebs­rat über die Not­wen­dig­keit von Schu­lun­gen basie­rend auf der aktu­el­len Situa­ti­on und den Auf­ga­ben des Betriebs­rats.
  • Doku­men­ta­ti­on: Fest­hal­ten der Grün­de für den Bedarf an Schu­lungs­maß­nah­men, um die­se spä­ter gegen­über dem Arbeit­ge­ber dar­le­gen zu kön­nen.

Der Prozess der Beschlussfassung

  • Ein­be­ru­fung einer Sit­zung: Offi­zi­el­le Ein­be­ru­fung einer Betriebs­rats­sit­zung mit Ankün­di­gung des Tages­ord­nungs­punk­tes ‚Schu­lungs­maß­nah­men‘.
  • Beschluss­fas­sung: Im Rah­men der Sit­zung erfolgt die Abstim­mung über die Teil­nah­me an Schu­lun­gen. Dies soll­te unter allen Mit­glie­dern des Betriebs­rats demo­kra­tisch erfol­gen.
  • Pro­to­kol­lie­rung: Die getrof­fe­ne Ent­schei­dung muss schrift­lich fest­ge­hal­ten und von der Sit­zungs­lei­tung sowie dem Schrift­füh­rer unter­zeich­net wer­den.

Kostenübernahme durch den Arbeitgeber

Die Kos­ten­über­nah­me für Betriebs­rats­schu­lun­gen ist ein kri­ti­scher Punkt, der oft zu Dis­kus­sio­nen zwi­schen Betriebs­rat und Arbeit­ge­ber führt. Gemäß § 40 BetrVG hat der Arbeit­ge­ber die durch die Tätig­keit des Betriebs­rats ent­ste­hen­den Kos­ten zu tra­gen. Dies schließt die Kos­ten für not­wen­di­ge Schu­lun­gen mit ein.

Antrag auf Kostenübernahme

  • Erstel­lung eines Antrags: Der Betriebs­rat muss einen schrift­li­chen Antrag auf Kos­ten­über­nah­me bei dem Arbeit­ge­ber ein­rei­chen.
  • Recht­li­che Grund­la­gen: Im Antrag soll­te deut­lich auf § 40 BetrVG ver­wie­sen und die Not­wen­dig­keit der Schu­lung betont wer­den.

Begründung des Antrags

  • Detail­lier­te Begrün­dung: Der Antrag muss die Grün­de für die Schu­lungs­maß­nah­me aus­führ­lich dar­le­gen und den Nut­zen für die Arbeit des Betriebs­rats auf­zei­gen.
  • Bezug zu aktu­el­len Her­aus­for­de­run­gen: Es soll­te erläu­tert wer­den, wie die Schu­lung hilft, aktu­el­le oder zukünf­ti­ge Auf­ga­ben des Betriebs­rats zu bewäl­ti­gen.

Umgang mit Ablehnungen: Rechtliche Schritte

Wenn der Arbeit­ge­ber die Kos­ten­über­nah­me für Schu­lun­gen ablehnt oder nicht auf den Antrag reagiert, ste­hen dem Betriebs­rat recht­li­che Mit­tel zur Ver­fü­gung. Zunächst soll­te der Betriebs­rat die Grün­de der Ableh­nung sorg­fäl­tig ana­ly­sie­ren. Bei einer Ableh­nung ohne stich­hal­ti­ge Begrün­dung oder bei aus­blei­ben­der Reak­ti­on kann der Betriebs­rat ein Beschluss­ver­fah­ren beim Arbeits­ge­richt ein­lei­ten. Hier­bei wird das Gericht bewer­ten, ob die Schu­lung not­wen­dig ist und somit die Kos­ten nach § 40 BetrVG vom Arbeit­ge­ber zu tra­gen sind.

Ein rele­van­tes Urteil in die­sem Zusam­men­hang ist das des LAG Hes­sen, wel­ches ent­schie­den hat, dass die Kos­ten­über­nah­me nicht von der Zustim­mung des Arbeit­ge­bers abhän­gig ist (LAG Hes­sen, Beschluss v. 10.8.2020, Az.: 16 TaBV 177/19). Die­ses Urteil stärkt die Posi­ti­on des Betriebs­rats, ins­be­son­de­re wenn der Arbeit­ge­ber die Not­wen­dig­keit der Schu­lung anzwei­felt oder den Antrag igno­riert.

FAQ-Bereich

Muss der Arbeitgeber alle Schulungskosten tragen?

Ja, nach § 40 BetrVG muss der Arbeit­ge­ber die Kos­ten für als not­wen­dig erach­te­te Schu­lun­gen über­neh­men.

Was kann der Betriebsrat tun, wenn der Arbeitgeber nicht reagiert?

Der Betriebs­rat kann ein Beschluss­ver­fah­ren beim Arbeits­ge­richt ein­lei­ten, um die Not­wen­dig­keit der Schu­lung und die Kos­ten­über­nah­me zu klä­ren.

Wie oft darf ein Betriebsrat an Schulungen teilnehmen?

Es gibt kei­ne gesetz­li­che Begren­zung der Häu­fig­keit, solan­ge die Schu­lun­gen als not­wen­dig für die Betriebs­rats­tä­tig­keit ange­se­hen wer­den.

Kann der Arbeitgeber die Notwendigkeit einer Schulung anzweifeln?

Der Arbeit­ge­ber kann die Not­wen­dig­keit hin­ter­fra­gen, jedoch ist letzt­end­lich das Arbeits­ge­richt die ent­schei­den­de Instanz bei Strei­tig­kei­ten.